Wie ich in Singapur durch vier Länder gleichzeitig reiste
Hello, Hai, Ni hao und Namaste aus der Loewenstadt am Singapore River!
Nachdem ich mich ja offensichtlich in Under Down Under ein bisschen uebernommen habe, jetzt also in kleinen Schritten, auf engem Raum und mit einem kurzen Gedankensprung von der Dragon Lady zur Dragon Attack. Neben Loewen, wie der Stadtname es will, spielen Drachen in Singapur eine grosse Rolle. 77% der Bevoelkerung sind schliesslich Chinesen und achten dies anmutige Wesen der Mythologie als maechtigen Gluecksbringer. Und so traegt es sich zu, dass man derzeit ganz Chinatown von drachenumschlungen Saeulen gesaeumt sieht. Buddha hat naemlich am 19. Mai Geburtstag und da schmueckt man die Stadt ordentlich aus.
Eine wahre Attacke der Eindruecke hat uns der kleine Stadtstaat bisher vermittelt. Winnie, unser neuer Guide (indisch-malayische aeusserst nette Fuehrerin) hat allein am ersten Abend mehr erzaehlt als Matty in den ganzen 8 Tagen Tassie… aber Tasmanien geniesst man auch eher im Stillen, waehrend man sich eine Megacity wie diese durchaus erklaeren lassen sollte.
Wir schwanken zwischen 32 Grad Aussen- und 18 Grad Innentemperatur staendig hin und her. Der Bus ist Kaeltezone, die Strassen heiss und feucht wie eine Sauna. In diesem recht anstrengenden Szenario haben wir die einzelnen Nachbarschaften des Vielvoelkergemischs erkundet. Chinatown mit grossem Buddhatempel, viel Prunk und Pomp, aber anstaendige Menschen, die mir beispielsweise ein Weitwinkelobjektiv zu einem vernuenftigen Preis verkauft haben (muss eigentlich wieder zurueck nach Tassie, um das neue Spielzeug auszuprobieren). Aufgehaengte Enten und rote Lampions ueberall. Eine der heiligen Farben des Buddhismus ist naemlich rot, die andere gelb/ gold. Daher auch der hohe Kitschfaktor in dieser Gegend.
In Little India geht’s eher bunt zu. Saris und Stoffe in allen Farben, die Hausfassaden farbenfroh wie die Blumenkraenze, die man an jedem zweiten Stand zusammendroeselt. Es ist wie Indien, allerdings sauberer und relativ geruchsneutral. In Singapur ist naemlich jegliche Verunreinigung der Strassen verboten und mit hohen Strafen versehen.
Das groteskeste, was ich soweit gesehen habe, ist ein „Spucken verboten“-Schild an einer der Hauswaende. Super! Da geht man doch auch viel lieber ins Restaurant nebenan und dinniert von einem Bananenblatt Haehnchen scharf-wuerzig und beguckt Fischkoepfe in Currysauce. Auch Little India hat seine Tempel, mit hoch aufragenden Portalen, gestapelte Menschenfiguren und heiligen Kuh-Statuen auf den Tempelmauern. Die Tempel in Delhi sind dagegen fast schon schlicht.
Stadtteil Nummer 3, den man gesehen haben muss, ist Kampong Glam, das Araberviertel. Hier hat uns ausnahmsweise eine andere Fuehrungsfirma durchgeschleust, Winnie brauchte mal eine Pause. Dreh- und Angelpunkt ist selbstverstaendlich eine Moschee, eine recht huebsche, wie ich finde. Unsere Fuehrerin auf dieser Tour hat uns eine lange Lektion ueber den Islam gehalten, und das obwohl sie Inderin ist und keine Muslima. War sehr interessant. Nebenbei hat sie uns in diverse Shops gebracht, wo wir zufaellig nach der Infoshow ueber Sarong-Binden, Parfueme ohne Alkohol und indonesische Kraeutermedizin auch gleich einkaufen konnten… ich verbuche das unter „asiatische Handelskultur“. Geschichtlich gesehen ist das aber eine aeusserst spannende Angelegenheit in diesem Bezirk. Die Koenige von Singapur waren Araber. Eigentlich gehoerte die Stadt mal zu einem malayischen Sultanat. Die Englaender haben sie allerdings ganz boes abgezogen und vor einigen Jahren hat der Staat selbst die Nachfahren der Koenige aus deren Palast geworfen – die fahren jetzt Taxi! Koenigliche Wuerden sind hier auch nicht mehr was sie mal waren.
Der Englaender, der an diesem ganzen Kolonialisationstheater mehr oder minder Schuld ist, hiess Raffles. Nach ihm benannte man unter anderem auch das erste Hotel der Stadt – das Raffles Hotel. Hab mich ein bisschen durchfuehren lassen. Die Queen hat hier schon uebernachtet – die Suite so gross wie ein ganzer Flur. Michael Jackson war auch schon da, genauso wie Charlie Chaplin und diverse Schriftsteller aus Englischen Gefilden. Die duerften sich vor allem in der Longbar recht wohl gefuehlt haben. In dem grossen teakholzverkleideten Raum drehen die Ventilatoren gemuetlich ihre Runden und versetzen die Gaeste in eine regelrechte Hemingway –Stimmung. Passendeweise wurde in dieser Bar auch der beruehmte Cocktail erfunden, den die meisten mit Singapur ueberhaupt verbinden. Ich hatte also einen echten Singapore Sling in seiner Gruendungsbar! Lecker das Zeug! Und leicht ueberteuert. Muss dazu sagen, dass ich fast etwas enttaeuscht war, dass die Rechnung ans Tourism Board geschickt wurde und nicht aufs Haus ging. Aber 25 Dollar sind eben viel Asche fuer ein Nobelhotel mit Zimmern ab 600 Euro.
Leicht angetrunken bin ich dann mit Winnie Riesenrad fahren gegangen, Sascha hat gestreikt.
Der Singapur Flyer macht seine Runde in 30 Minuten, hoechster Punkt der Fahrt ist in 160 Metern Hoehe. Von da aus sieht man die neue Formel-1-Strecke, die Skyline und eine Baustelle sondergleichen, die 2010 ein neues Resort darstellen soll.
Wieder auf dem Boden, haben wir die Kneipenmeile der Stadt erkundet – Clarke Quay. Ueberdacht mit einer bunten Quallenkonstruktion. Klasse zum Fotografieren. Vom Nobelclub bis zur Microbrauerei ist alles da. Das bizarrste war eine Kneipe namens Clinic. Themenlokale koennen manchmal echt danebengehen. In dieser Klinik bekommt man sein Gesoeff ueber einen Tropf serviert, der neben dem Rollstuhl oder Krankenbett steht, auf dem man Platz genommen hat. Eine vielleicht doch etwas zu kranke Idee.
Um eine Disco-Inspektion bin ich leider nicht drumrum gekommen. Man habe alle Musikgeschmaecker in einem Haus vereint, in 9 verschiedenen „Outlets“, so bruellte mir die PR-Dame im „Dragonfly“ ins Ohr. Die Musikgeschmaecker reichen aber nur von Salsa bis Boomboom-Tanz-Trallera, mit dem ueblichen unvermeidbaren Karaoke-Raum. Nix Rock, nix Alternativ. Dafuer war der Barkeeper aeusserst alternativ drauf. Der hat einen Sling gemixt, den es gar nicht gibt. Grenadine vergessen, falschen Saft genommen, falschen Alk verwendet – und dumme Ausreden gehabt. Da geht man am besten heim und schlaeft den falschen Rausch schnell aus.
Ich reiste auf Einladung des Singapore Tourism Board
Stichworte: Chinatown, clarke quay, hotel, insel, Kampong Glam, kultur, Little india, löwenstadt, raffles, riesenrad, Sehenswürdigkeiten, staedte