Reisetipp: Eine Hurtigrutenfahrt muss keine Kreuzfahrt sein
Eine Hurtigrutenfahrt soll es also sein? Das ist ein heerer Traum, den viele Skandinavien- und Schiffsfans träumen. Was also ist das Besondere? Zum einen, dass es sich hierbei eigentlich nicht um eine Kreuzfahrt im klassischen Sinne handelt. Kein Käpitans-Dinner, keine Abendgarderobe, keine Animation. Aber sehr wohl die täglich dreifache (sehr verhaltene) Schlacht am Buffet und das Schwelgen aufs Meer, die Landgänge und ein Reiseleiter, der immer durchsagt, wann es wo lang geht. Kein Sascha Hehn, aber in der Art ;)
Von solchen Passagieren und solchen Passagieren
Ich habe auf meinen beiden Hurtigrutenfahrten gelernt, dass es Passagiere und Tagespassagiere gibt. Die einen sind Familien oder Pärchen aus England, Deutschland und der ganzen Welt, die mal die naturbelassene Schönheit der norwegischen Küste bestaunen wollen, mehrere Tage lang. Die anderen sind Norweger, die von einem Ort zum nächsten, evt. auch in den Urlaub wollen und Transport benötigen, der etwas schneller ist als die Busse oder auch das eigene Auto, mit denen man um jeden einzelnen Fjord (und davon gibt es Tausende) herumkurven muss. Einen Schiffsarzt, habe ich erfahren, gibt es übrigens nicht an Bord der klassischen Route. Warum auch? Alle paar Stunden wird angelegt, wo Ärzte zum Hafen beordert werden können.
Jeder kann an Bord die Bar, die Bibliothek, das Cafe und das Restaurant nutzen. Passagiere schlafen in Kabinen, Tagespassagiere schlafen auf den Bänken der Lounges. Das tat ich vor einigen Jahren auch, es ist nicht so warm wie eine Kabine, aber machbar. Daneben schlummern dann noch die Autofahrer. Die Fahrzeuge warten unten auf Deck 2, während die Fahrer sich im Schiffscafe einen Kaffee holen oder bei Übernachtfahrten von den Karaoke-Gesängen der Mitfahrer in den Schlaf singen lassen. Geweckt werden sie von den Passagieren, die aus jedem Fenster des Schiffes, aber am liebsten von der Panoramalounge aus, in die nasse Unendlichkeit blicken wollen. Oder auf einen Berghang.
Gehalten wird alle paar Stunden, je nördlicher man auf der Norwegenküsten-Route kommt, desto weniger erkennt man in den Häfen Leben. Es ist aber im kleinsten Dorf noch einer da, um beim Ein- und Ausladen zu helfen. Im Winter erkennt man das Leben in den Dörfern an den vielen Lichtern. Jede Hütte hat mindestens 3 Laternen vor der Veranda und drinnen scheint es ebenfalls hell und warm. Polarwinter muss man sich schön machen, sonst drückt’s aufs Gemüt.
Hurtigruten-Kreuzfahrt oder einmal bis zum nächsten Hafen
Es ist teuer, keine Frage. Die 11-tägige Fahrt, Vollpension auf einem Schiff, das alles an Verpflegung mitnimmt und gut geschultes Personal führt, kostet natürlich was. Vor allem im ohnehin nicht gerade günstigen Reiseland Norwegen. Aber eine Hurtigrutenfahrt MUSS nicht 11 Tage dauern, sie muss auch nicht von Bergen bis Kirkenes verlaufen. Niemand wird gezwungen in Cafe oder Restaurant zu speisen. Man kann innerhalb dieser Route jederzeit auf- und abspringen, allerdings nicht ganz wie in die Londoner Busse.
Solche Tagesfahrten sind als reiner Transport nicht wirklich teurer als eine Busfahrt und vor allem schneller und bequemer. Für Nordnorwegen-Reisende ist das eine grandiose Option der Fortbewegung. Einfach im Hafen aufs Schiffchen warten, reinspazieren und wie in einer Hotelrezeption mal eben eine Weiterfahrt wünschen. Solange wie man möchte und es sich leisten kann. Fahrrad, Motorrad und Auto dürfen auch mit – aber dann vorher mal in einem Reisebüro oder der nächsten Touristen-Info anfragen und vorbuchen lassen.
Ausflüge für die Landgänge kann man an Bord beim Reiseleiter (schönes Wort auf Norwegisch „Reiseleder“) buchen oder eben nicht. Auf eigene Faust so ein Hafenstädtchen wie Tromsö erkunden, ist gar kein Problem. Natürlich kann man auch einfach via Internet (kostenloses WLAN an Bord) sich selbst einen Tourveranstalter suchen und etwas klarmachen. Vermutlich nicht günstiger als der Hurtigruten-Großabnehmer-Rabatt.
Mit der Hurtigrute bis ins Polarmeer… und noch viel weiter
Die Hurtigrutenflotte besitzt 11 Schiffe, die an der norwegischen Küste sommers wie winters rauf und runterfahren. Jeweils 5 nach Norden und 6 nach Süden, es kommt einem täglich eins davon entgegen. Quasi wie die Berliner Ringbahn, nur regelmäßiger und eben auch im Winter. Darüber hinaus gibt es Expeditionsschiffe wie die MS Fram (benannt nach der großen alten Lady mit der Amundsen diverse Polarexpeditionen machte), mit denen man in die arktischen Gewässer schippern kann – sogar in die Antarktis! Diverse andere Routen werden bestritten, mittlerweile geht es sogar in wärmere Gefilde nach Südeuropa. Aber eigentlich gehören für mich Schiffe mit Namen wie Midnatsol, Nordkapp, Trollfjord und Polarlys in den Norden oder zumindest in kühlere Gewässer, zur rauen Natur, einfachen, unkomplizierten Komfort und Menschen.
Und, wann checkt ihr ein?
Mehr Info, Preise und Kataloge gibt es bei den Hurtigruten selbst.
Wie meine Reisen durch Nordnorwegen sonst so liefen, lest ihr am besten im Norwegen-Tagebuch nach >>
Diese Recherchereise wurde freundlicherweise von Hurtigruten unterstützt, ich danke dafür.