Reisetipp Jordanien: Petra bei Tag und Nacht
„Tötörötöö tötörööö. Tötörötöö tötörötötööö…„ Na, klingelt’s? Oder trompetet’s? Ich bin schon ein bisschen aufgekratzt, in Petra einzutreffen ist wie ein Überraschungsei aufmachen, gleich drei Sachen auf einmal: ein weiteres neues Weltwunder sehen, durch eine berühmte Filmkulisse wandeln und dann auch noch so ein Archäologiezeugs, das den Altorientalen in mir kitzelt.
Für mich ist die Felsenstadt das sechstes der sieben neuen Weltwunder, die ich live und in Farbe sehen darf – als nächstes wird wohl Mexiko auf die Liste müssen. ;) Mit Indiana Jones-Fanfaren (über den Link könnt ihr den Film gleich mal gucken ;) )* im Kopf beobachte ich den Trubel am Eingang des Weltkulturerbes. Einer der umliegenden Shops wirbt natürlich mit dem Filmplakat – für Hüte und Tücher. Es ist bereits Dämmerung, wir sind spät angekommen. Aber Petra bei Nacht soll ein ganz spezielles Erlebnis sein.
Petra by night
Durch die laue Nacht laufe ich mit ca. 100 anderen Leuten zwei Kilometer durch dunkle Stille und hohe Felswände, die von ein paar Kerzen in Papiertüten angeleuchtet werden. Die Sandsteinwände leuchten rötlich und verschwinden immer mal vor dem Auge, wenn der Siq (also die Schlucht) eine Kurve macht. Hinter jeder Biegung erwarte ich, dass sich die berühmte Filmkulisse vor mir auftut. Aber es ist doch noch ein Stückchen, wie die Kerzenlichter in einiger Ferne erkennen lassen.
Nach ca. 30 Minuten schließlich leuchtet an der gefühlt 300. Kurve das Rot der Wände nicht nur in Bodennähe. Ein Spalt tut sich auf, zwischen den geschwungenen Felswänden sind zwei Säulen zu erkennen! Orangenes Licht flammt über die Fassade der Khazne Faraun, von der ich mit jedem Schritt mehr zu sehen bekomme. Tötörötöö tötörööö. Tötörötöö tötörötötööö tönt es in meinem Kopf, oder hab ich das grad laut getrötet?! Nein, die Stille ringsum verpflichtet zum Flüstern oder Schweigen.
Aber hey, da ist die die Schatzkammer aus „Der letzte Kreuzzug“ und 1000 Kerzenlichter im Wüstensand leuchten sie grandios aus. Die 100 anderen Menschen (in der Saison sollen es wesentlich mehr sein) fallen mir erst jetzt wieder auf. Sie sitzen im Kerzenmeer und trinken Tee. Um 20.30 uhr treten ein Flötist und ein Rhababa-Spieler auf. Der Platz vor Khazne ist nicht groß und von allen Seiten mit hohen Felswänden umgeben. Die Akustik ist fantastisch, die Musiker müssen gar nicht besonders laut spielen. Ein Gedicht wird rezitiert, Kultur in der Weltkultur.
Lange dauert das Spektakel leider nicht, ich würde liebend gern noch ein bisschen hier sitzen und die leuchtende Khazne und die Sterne beobachten oder auf Indiana warten, um ihm bei der Suche zu helfen.
Petra by day
Wir nächtigen in der benachbarten moderne Stadt, die sich Wadi Musa, Tal des Moses nennt. Hier hat der alte Moses (auf der Durchreise vom Roten Meer nach Israel) auf einen Felsen geklopft und noch heute sprudelt das Wasser. „Er wusste, wo er hinklopfen musste“, sagt Osama, „denn da wo sich verschieden starke Gesteinsschichten treffen, fließt Wasser“. Im Wadi Musa begegnen sich Sandstein und Granit, war also ein leichtes für Moses. Das Wasser der Mosesquelle darf sich hier jeder kostenlos holen.
Petra – der größte Friedhof der Welt
In Petra waren es die Nabatäer, die wussten, wo Wasser fließt, und wie man den Stein aufkratzen muss, damit was rausfließt. Nachts habe ich die 2500 Jahre alten Leitungen natürlich nicht sehen können. Auf der Tagestour erfahre ich auch, dass Petra ein riesiger Friedhof ist. Der größte weltweit. Alles was man dort sieht, sind Grabkammern! Und davon sieht man über 1000. Die Gräber wurden in den Fels geschürft, nur die Fassaden sind interessant, Innen ist nichts zu sehen. Griechen, Römer, Beduinen lebten nach den Nabatäern hier, falls es je etwas wie Grabbeilagen gab, dann haben die das vor Jahrhunderten an sich genommen.
1983 hat man die Beduinen umgesiedelt und eine reine Touristen-Oase aus dem Ort gemacht. Seitdem wandert man in Scharen durch die Schluchten und hüpft über Felsen und Sand, römisches Kopfsteinpflaster und das über Kilometer! Allein die Königswand mit den Gräbern von 12 Nabatäerkönigen (und wohl auch einem römischen Stadthalter) ist fast einen Kilometer breit, die Kammern sehen von außen aus wie Tempel, nicht wie Gräber.
Man passiert ein römisches Amphitheater, ebenfalls in den Felsen gehauen. Und läuft über eine römische Kolonadenstraße bis man durch ein ehemaliges Tor zum Lunchplatz schreitet, wo die ersten bereits mit Sonnenstich auf der Bank lagern – Amis ohne Kopfschutz und Wasservorräte! Ich schlage die Möglichkeit aus, mich 850 Stufen in der Mittagshitze zum Kloster hinaufzuquälen. Kenne deine Grenzen, auch wenn der Ausblick reizt!
When in Jordan … take a camel!
Den Rückweg haben wir uns etwas einfacher gemacht. Kamele, Esel und Pferdekutschen parken überall und werden einem förmlich aufgedrängt. Mit dem Kamel durch Petra zu reiten, fand ich die passendste Art. Auf Susu dann also bis zur Khazne. Indianas Schatzkammer war wirklich eine Schatzkammer, in der die Nabatäer angeblich ihre Schätze aus Handel und Zollabgaben versteckt haben sollen. Natürlich ist sie heute leer und auch nicht wirklich groß. Der Trubel auf dem kleinen Platz davor um so größer.
Durch den Siq darf man nicht mit dem Kamel. Ist so. Man kann aber umsteigen auf Pferd, Esel oder Eselkutsche. Ich entscheide mich noch einmal für 1,5 Kilometer Laufen und betrachte von Schatten zu Schatten springend die bunten Farbschichten und Marmorierungen des Siq. Schweißtreibend, aber faszinierend! Am Ausgang will ich nach bestandenem Abenteuer auch so einen Indiana-Hut, der natürlich nicht auf meinen Schrumpfkopf passt. Was soll’s, dann eben ein hutloser Abgang (mit Tötörötöö im Hinterkopf).
Weitere Informationen
Der Eintritt zum Weltkulturerbe Petra wird bei Übernachtung in Wadi Musa günstiger. Da die Preise jährlich steigen, am besten online checken.
Ich reiste auf Einladung des Jordan Tourism Board. Herzlichen Dank dafür!
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