Durch Jordanien von Oase zu Oase zu Oryx
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To Tame A Land

Durch Jordanien von Oase zu Oase zu Oryx

Ein frohes Salam euch allen aus Jordanien!
Und wieder füllt sich ein weißer Flecken auf meiner Arabienkarte.

Als wir über der Wüste einschweben, hüllt sich die Sonne bereits in orangenen Dunst. Auf dem Weg nach Amman leuchten zum Autofenster die Lichter von parkenden Autos und Grillfeuer herein. Picknick an der Autobahn sei vor allem für Familien billiger als in einem Stadtpark und daher sehr beliebt, erklärt mir Guide Osama. Diese Parks der biblischen Wasserstadt Ammon hätte ich zu gern gesehen. Aber es ist bereits dunkel und die kommenden fünf Tage gibt es ein volles Programm vor den Toren der Hauptstadt.

Auf den Spuren von Lawrence durch Arabien

Während ich am nächsten Morgen auf der Fahrt aus der Stadt heraus die vorüberfahrenden, bunt angemalten Gemüselaster bestaune, kommen wir auf Lawrence Von Arabien (hier klicken, wenn ihr den Film schnell nochmal gucken wollt, dauert nur 4 Stunden :D) * zu sprechen. War ja klar. Die Jordanier sind keine Fans, weder vom Film, noch vom echten Lawrence. In Osamas Beschreibung war T.E. Lawrence zunächst ein Spion, dann ein Sprengstoffexperte und schließlich ein Lügner, der die Araber verriet und keinesfalls befreite. Am Mythos vom britischen Anführer des Araberaufstands von 1917/18 sei vor allem der Film (1962) schuld. Lawrence hatte laut späteren Aussagen Zeit seines restlichen Lebens ein schlechtes Gewissen. Er hatte sehr wohl gewusst, dass Frankreich und Großbritannien nach (dem Ersten Weltkrieg und) dem Araberaufstand die arabische Halbinsel auf dem Reißbrett unter sich aufteilen würden.

Man muss dem Briten und seinem Buch bzw. der Verfilmung zu Gute halten, dass sie dadurch Jordanien aber auch erst einmal touristisch auf den Plan brachte. Ich freu mich schon riesig auf das Wadi Rum in zwei Tagen! Wie Lawrence reiten wir östlich des Jordan durchs staubige Wüstenland – allerdings auf motorisierten Rössern – und halten doch ganz wie Beduinen, Handelsleute und Soldaten in früherer Zeit an einer Karawanserei.

Karawanserei Qesir Amra

Karawanserei Qesir Amra

Karawanserei Qesir Amra

Aus dem diesig-staubigen platten Land erheben sich plötzlich die dicken Mauern der altertümlichen Autobahnraststätte neben der gut betonierten Straße. Das Qesir Amra ist das bekannteste seiner Art in Jordanien, nicht nur weil fast jeder Jordanien-Rundreisende hier vorbeikommt und das tonnenartige Wüstenschlösschen als Weltkulturerbe ausgezeichnet wurde.

Am Eingang des Qesir Amra sitzt ein Alter im weißen Gewand und Kopftuch und spielt auf einem Katzenquäler (von dem ich gelernt habe, dass er Rhababa heißt) alte Weisen über die Liebe und vom König. Die Melodie quält mich gar nicht, sie ist so leise wie seine feine Stimme. Er flüstert nur, als behüte er hier einen geheimen Schatz. Hinter ihm tun sich die Gewölbe der drei Gebäudeteile auf. Es ist düster und ein wenig muffig riecht es auch. Karawansereien wurden in der Nähe von Wasserquellen gebaut, in einem Nebenraum führt der alte Brunnen noch immer ein bisschen Wasser.

Nichts für fromme Muslime

Beim Blick auf die Decken und Wände der Gewölbe verstehe ich den außergewöhnlichen Charakter des Qesir Amra! Hier sind recht lebendig gestaltete Malereien zu sehen, die sich kein frommer Muslim ansehen dürfte ;) Diese Karawanserei dürfte es gar nicht geben, denn der Islam verbietet die bildliche Darstellung von Menschen, ganz zu schweigen von Nackten. Die Händlern bzw. Omayyaden-Kalifen, die das hier erbauten, waren entweder sehr liberal oder nutzten dieses Wüstenschloss für äußerst private Zwecke. Noch ein paar Minuten lauschen wir schmunzelnd dem Rhababa-Spieler und folgen dann der Wasserader zur nächsten Oase.

Wandgemälde im Qesir Amra

Wandgemälde im Qesir Amra

Wiederbelebte Oase im Azraq Wetland Reserve

Azraq war einmal eine solche Oasenstadt, bis der Staat das Grundwasser beanspruchte, das ein ganzes Feuchtbiotop mit Seen und Flüsschen speiste. Das Wüstenland sitzt auf Phosphatboden und kann sein Grundwasser zu 95% nicht nutzen. Noch heute zapft man in Amman, aber im Wetland Reserve pumpen sie jetzt aus der Wasserleitung das Wasser zurück ins Nassland. 7,5% des gesamten Reservats hat man so schon wiederherstellen können, ein Tropfen auf den heißen Stein. Früher grasten Wasserbüffel im Schilfwald. Man musste sie neu ansiedeln. Sehen konnten wir auf der schnellen Tour durchs Schilf leider keine Büffel, dafür konnte der Spaziergang am Wasser den Staub in der Nase etwas lösen.

Wiederbelebte Oase im Azraq Wetland Reserve

Wiederbelebte Oase im Azraq Wetland Reserve

Nachtsafari im Shaumari Reserve

Um tatsächlich Tiere zu sehen, haben wir uns in ein anderes Reservat zurückgezogen und auf die Nacht gewartet. In Shaumari Reservat brettern wir durch verstaubte Dornenbüsche und ich bin froh, nicht oben auf dem Wagen rumhopsen zu müssen, sondern vorn hinter Glasscheiben sitzen zu dürfen, die nämlich größere Lungenschäden verhindern. Und dann: voller Stopp. Der Suchscheinwerfer sucht. Die versteckten Tiere verstecken sich. Wir machen alle Lichter aus und gucken zum Himmel. Tolle Sterne!

Wo sich Karakal und Oryx Gute Nacht sagen

“Haste schon mal ‘nen Uhu gestreichelt?“ tönt es neben mir ins schwarze Nichts hinein. Ich denke verdutzt nach, was die Kollegin wohl meint. Tierbeobachtung eben. „Die sind richtig weich.“ Aha. Es sind natürlich keine Uhus, nach denen unsere Augen angestrengt das Dunkel abtasten. Wir warten auf einen Karakal, eine dem Luchs ähnliche Raubkatze. Aber natürlich bleibt die Schwarzohr-Katze aus. Der Scheinwerfer springt wieder an, als wir beinahe begonnen hätten, über Uhus zu philosophieren. Eine weiße Oryxantilope mit braunen Beinen und braunen Flecken an Hals und Stirn steht direkt vor dem Jeep. Mit bedrohlich langen Hörnern blickt das vom Aussterben bedrohte Wappentier der Nationalparkverwaltung unbeteiligt in das blendende Licht. Einst zogen die Herden vom Wadi Rum im Süden bis in den Nordosten nach Azraq. Mittlerweile leben wieder 41 Oryxantilopen auf den 22 qm des Shaumari Schutzgebiets.

Oryxantilopen-Sichtung auf einer Nachtsafari

Oryxantilopen-Sichtung auf einer Nachtsafari

Alle Kameras halten drauf zu, während einer etwas ganz anderes im Visier hat. „Da sitzt eine Spinne! Die funkelt mit den Augen.“ ruft Osama. 14 Augen strengen sich an, Dinge zu sehen, die sie gar nicht kennen. „Da ist sie wieder. Blaue Augen!“ Im Jeep wechseln sieben Augenpaare skeptische Blicke aus. Dann steht Osama auch schon vor dem Auto. Hektisch entreißt er einem zögerlichen Safaristen die Kamera und verwickelt die Wolfsspinne in ein absurd wirkendes Fotoshooting. „Ein schönes Tier“, feuert Osama sich selbst an. Aufregend, solche Wüstensafaris in der Nacht! „Dann doch lieber Uhus“, raunt mir die Kollegin zu.

Blauäugige Wolfsspinne

Blauäugige Wolfsspinne

Morgen geht das Abenteuer weiter!
Ma‘ salama claudi


Ich reiste auf Einladung des Jordan Tourism Board. Herzlichen Dank dafür!

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