Wie ich in Oslo eine Reise nach Spitzbergen plante
God kveld!
Dank Stau und trotz kurzer Abschiedszeremonien, meinem katastrophalen Orientierungssinn und einer schlechten Sternenkonstellation ist das Unternehmen „Kein Job, keine Wohnung, kein Kerl – also Norwegen“ etwas schleppend angelaufen und hat mich vor allem Schlaf gekostet. Aber ansonsten geht es mir gut :) Der Frankfurter Flughafen ist nachts übrigens genauso tot, wie der in Hahn. Aber ich bin ja da, in Oslo.
Rock in Oslo
Ich hab den ganzen gestrigen Tag zum Regenerieren gebraucht. Man hat mich nicht vor 15 Uhr ins Hostelzimmer lassen wollen, weshalb ich mir eine Stunde lang im Foyer den Rücken verdreht habe, um irgendwie nicht schlafend aber schlummernd auszusehen. Dann haben sie mich geweckt, man dürfe da nicht schlafen. Nee, is klar, baucht ja auch kein Mensch.
Habe also erst mein Buch angefangen zu lesen, dann eingecheckt und bin dann doch noch durch die Stadt getappt. Es sieht im Herbst wirklich besser aus als im März. Da hab ich Oslo vor 1,5 Jahren schon mal gesehen. Dieses Mal habe ich es aber in eine Rockkneipe geschafft – und war der einzige Gast bis 22.30 Uhr. Dann bin ich gegangen, weil das Buch ausgelesen war und immer noch niemand ins Elm Street Rock Cafe kam. War dennoch ein netter Musikabend. Wer hat den Song „You can go you own way“ gesungen? Es fällt mir einfach nicht ein…
Irres Hostelleben
Das Zimmer teile ich mir mit fünf anderen. Zwei deutsche Ökotrophologie-Studentinnen, eine Irre und zwei bis heute Morgen noch Unbekannte. Eine davon hat sich mitten in der Nacht aus dem Staub gemacht. Um 5.30 Uhr fängt die an zu packen! Hätte sie das nicht am Abend vorher tun können? War eine Japanerin, das bin ich von dem Volk nicht gewöhnt! Hab mir den Kommentar gespart, wäre zu Deutsch gewesen. Dass sie Japanerin war, hat mir die Irre vorhin erzählt. Ich nenne sie so, weil sie den lieben langen Tag vor sich hin erzählt – laut und deutlich. Und norwegisch.
Habe sie heute Morgen kurz ausgefragt. Das will mal eine Tierärztin werden, laboriert aber gerade an einer rein menschlichen Krankheit herum – Liebeskummer. Norweger seien schwierige Menschen, hat sie gesagt. Die andere Unbekannte hat mich ebenfalls (das zweite Mal an diesem Morgen) geweckt, indem sie ziemlich laut (ich hatte Ohrstöpsel, ja) erzählte, dass sie aus Polen sei und ihr Freund seit 2002 auf Island lebt. Aha. Ich werde zu alt für Hostels.
Wikingerschiff voraus!
Aber statt auf Island habe ich dieses Mal Station im echten Wikingerland gemacht. Ist ein bisschen größer als die Sträflingskolonie auf der Eisscholle. Und hier gibt es ein paar alte Wikingerschiffe zum Angucken, zum Beispiel das Vikingskipshuset Museum auf Oslos Museumsinsel Bygdøy. Da steh ich vor dem 1000jährigen Osebergschiff und frag mich dann doch: ist das noch grotesk oder schon Größenwahn, dass die ollen Wikinger ihre wohlhabenden Verwandten gern in einem 24 Meter langen Kriegsschiff zu Grabe gesetzt haben? Die haben ganze Boote verbaddelt! Und trotzdem noch genügend Schiffe zum Segeln und Plündern und Vergewaltigen übrig gehabt… erstaunlich. Und so ein Wikingerschiff hatte wirklich hübsche Schnitzereien. Sie haben ihre Schiffe gepimpt wie wir heute unsere Autos. Ich habe jedenfalls ein paar Amis gefragt, ob sie mal schnell ein Bild von mir machen. Ich wollte einfach keinen der Tausend Deutschen dort anquatschen. Wir sind überall!
Steht ein Moai in Oslo…
Nach dem eher düsteren Aufenthalt bei den Wikingern, musste ich erst einmal etwas Luft und Licht tanken – zusammen mit den Spatzen zwischen all den Museen und mit Fjordblick. Als ich endlich zum Kon-Tiki-Museum und zur Fram rüberwatschelte, waren sie leider schon zu. Vor dem Kon-Tiki-Museum (das Boot, mit dem Heyerdahl nach Polynesien geschippert ist, ihr wisst schon…) steht ein Moai. Na, das nenn ich Überraschung! Solche kenne ich in echter und größer, denk ich mir. Und Heyerdahl hat scheinbar einen der Hüte auf von der Osterinsel mitgehen lassen. Jedenfalls sieht der verdammt echt aus, ich als Nicht-Geologe kann das doch einschätzen! Der Moai selbst ist aus einem rosalichen Gestein, verwittert aber sicher noch zu schwarz-grau mit weißem Vogeldreck wie seine echten Brüder. Immerhin hat er Beine und Füße!
Polarschiffe drinnen und draußen
Ja und Fram, das Polarschiff, wollte ich eigentlich auch angucken, sehe aber durch Fenster der Eingangstür nur einen ausgestopften Eisbär. Ich will echte sehen! Dafür steht umsonst und draußen die Gjöa, das erste Schiff, das die nördliche Passage gepackt hat. Davor hat man Herrn Amundsen eine Büste gewidmet – schreckliche Hakennase!
Und dann hat ein modernes Wikingerbötchen mich wieder in den Rathaushafen zurück gebracht, wo ich noch mal an der Anker Brygge umhergeirrt bin. Schicke Cafes, man sitzt draußen. Außerdem warnt man dort vor diesen großen Hafenvögeln, die gern mal den Kuchen vom Teller klauen :) Das Rathaus selbst ist immer noch dieser braune Kasten, der mir nicht gefallen will, auch nicht mit nackten Statuen davor.
Spitzbergen soll’s werden!
Als ich an der unübersichtlichsten Zentralstation seit Tokyo endlich den Bussterminalen gefunden habe, musste ich mir dann sagen lassen, dass es den Buspass nicht mehr gibt. Nix mit „mit 300 Euro durch Norwegen“. Jede Strecke müsse ich einzeln löhnen. Hätte ich eine Kristallkugel, wäre mir echt geholfen. Ich weiß nämlich noch immer nicht, ob und wann ich in Tromsö sein muss, um nach Svålbard zu fliegen. Jawohl, Spitzbergen soll’s werden! Das habe ich an meinem Geburtstag so beschlossen und auch tolle Angebote im Internet gefunden. Solange man von Norwegen aus fliegt, ist das erschwinglich. Je nördlicher der Abflughafen, desto billiger wird’s. Und auf dem Weg nach oben guck ich mir gleich noch das Land an.
Pläne schmieden on the road
Dennoch stellt sich die Frage, auf welchen kurzen oder langen Weg, durch welchen Fjord und welches Tal ich nach Norden ziehe. Da sich die Spitzbergener Jugendherberge (der Flugdeal ist an das Hostel dort gebunden, nur so kann ich mir beides leisten) mal wieder Zeit lassen mit dem Email schreiben, fahre ich also nun auf Gutglück nach Ålesund, was mindestens genauso schick sein soll wie Bergen, und auf der Strecke dahin auch einen pittoresken Fjord vorzuweisen hat.
In einigen Tagen dann also Nachricht aus Ålesund für euch! Ich geh jetzt nochmal ins Zimmer, gucken ob die Irre noch lebt und dann vermutlich auf die Suche nach einem Buchladen (ich hab mein mitgebrachtes Buch am ersten Urlaubstag ausgelesen! – „Zuhause“ von Kristof Magnusson) oder einem netten kleinen Lokal, um Fahrpläne zu studieren und Reiserouten festzulegen, die mir die Bus- und Bahn-Wikinger vermutlich umschmeißen werden ;)
God natt og hilsen Claudi :)
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