Roadtrip zu den grünen Riesen der Kauri Coast von Neuseeland
bereist am:
Green Hell

Roadtrip zu den grünen Riesen der Kauri Coast von Neuseeland

Strahlend weiße Tupfen auf frischem Maigrün, hellem Lindgrün, silbrigem Mintgrün, saftigem Grasgrün und dunklem Kiefern- und Tannengrün – das sind Neuseelands 40 Millionen Schafe, die fleißig das Klischee bedienen, das die Kiwis schon nicht mehr hören können. Auf dem Weg zur Kauri Coast haben wir die Hälfte von ihnen (den Schafen) bereits nach dem ersten Tag gesehen. Das Bild wird zwar nie langweilig, aber wenn es dann doch einmal rosa statt weißen Tupfen sind, wird es wunderlich. Eine Stunde nördlich von Auckland haben sich die Besitzer der Sheepworld entschlossen, fünf Schafen den Pelz rosa zu färben und direkt auf der Wiese am Highway zu platzieren. So holt man verwunderte Besucher in die Welt der Schäferei – inkl. Schurvorstellung. Oder eben auch nur auf den Zufahrtsweg, wo die Touribusse und eben auch wir Halt machen und munter die Kameras auf die bonbonfarbenen Wiederkäuer halten. Dolly erscheint mir plötzlich ein sehr trefflicher Name für ein Schaf.

Neuseeland rosa Schaf

Dolly in Pink


Dome Forest Waldspaziergang

Wir lassen die Schafe Schafe sein und ziehen weiter nach Norden, die Küste der grünen Riesen ist schließlich das Ziel. Am Dome Forest verlängern wir die Kaffeepause zu einem kleinen Waldspaziergang durch Farnbäume und über steile Treppen bis wir schließlich nach 30 Minuten wieder am Cafe ankommen, wo die Hauskatze mir herzhaft die Hand küsst. Das hat man nun davon. Ich rechne kurz nach, wann ich zuletzt eine Tollwut- (2005) oder Tetanusimpfung (2003) hatte, dann können wir weiterfahren. Wenn ich Schaum vorm Mund entwickle, hat mein Freund versprochen, bringt er mich zu einem Arzt. Bis dahin staunen wir die schwungvoll geformten grünen Hügel und Weiden an, durch die sich die Straße schlängelt, als hätten wir das alles noch nie gesehen. Aber dieses strahlende Grün gibt es Zuhause wirklich nicht! Das Gras ist immer grüner auf Neuseeland, da bin ich mir sicher!

Bad Kitty

Bad Kitty

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Verschlungene Wege an der Kauri Coast

Wir haben wieder ein weises Navi zum Auto bekommen und das bringt uns auf der schnellsten Strecke auf unbefestigte Abkürzungen und Schotterpisten, die wir laut Automietvertrag vermutlich gar nicht befahren dürfen, zur Küste der riesigen Kauri-Bäume. Ansonsten ist Roadtripping in Neuseeland sehr entspannt. Die Straßen sind 1a ausgeschildert und breit genug, um auch einem Deutschen sicher links fahren zu lassen.

Wir befinden uns mittlerweile an der Kauri Coast, dem letzten verbliebenen Stückchen der Nordinsel, in dem noch Kauri-Bäume wachsen. Diese Exemplare der Koniferengewächse können alt und älter werden – im Waipoua Forest soll es einige Tausendjährige geben. In Hokianga treffen wir Matiu, der uns in der Dämmerung zu ihnen bringt. Die Twilight Encounter Tour von Footprints ist nicht nur ein Waldspaziergang, den der Lonely Planet als Must-do ausweist. Matiu ist Maori und hat ein Anliegen mit seiner Tour.

Matiu redet viel, schnell und manchmal auch Maori

Matiu redet viel, schnell und manchmal auch Maori

Nachtwanderung zum Herren des Waldes

Maori geben Geschichte durch Geschichten weiter. Schon als Kind musste Matiu im dunklen Zimmer den Eltern oder Großeltern zuhören, wenn er etwas wissen wollte. Alles wird mündlich weitergegeben. Die Dunkelheit schärft den Hörsinn. Und so erzählt Matiu zunächst von sich, wo er herkommt und was er schon alles erlebt hat. Dann nimmt er uns in seinen weiteren Familienkreis auf – uns, eine indische Familie, ein Pärchen aus Dresden und eins aus Australien. Es ist fast 19 Uhr, bisher saßen wir nur im Auto und lernten uns kennen. Gegenseitigkeit gehört zur Kultur der Maori, nur so können wir Whanau (Familie) werden. Außerdem lauschten wir einigen Vogellauten, die wir im Wald wiedererkennen werden.

Füße abtreten, bevor man den Wald betritt

Füße abtreten, bevor man den Wald betritt

Nach Sicherheitseinweisung und zeremoniellem Schuhewaschen dürfen wir den Wald, das Reich von Tanemahuta, betreten. An neun Stationen erklärt Matiu das Werden und Wachsen eines Kauri-Baumes und seine Beziehung zur Maori-Gemeinschaft. Die strebsamen Bäume erreichen enorme Stammumfänge und bilden erst eine Krone, wenn sie es über die anderen Bäume hinaus geschafft haben. Der Stamm bleibt also zu einem großen Teil astfrei und wird daher als idealer Holzlieferant betrachtet. Wurde. Denn mittlerweile sind nur noch 2% des Kauribestandes am Leben und entsprechend geschützt. Aber in den Sümpfen des Nordens findet man immer wieder Jahrtausende lang versiegelte Bäume, deren Holz nicht versteinerte und heute noch verarbeitet werden kann. Außerdem wurde Kauri viele Jahrzehnte von den Einwanderern gemolken. Das Baumharz, das man zunächst auch in den Sümpfen ausgrub, musste als Brennstoff, Linoleum und alles Mögliche herhalten. Bis die Bäume ausbluteten und abstarben.

Kauri-Baum, ca. 800 Jahre alt

Kauri-Baum, ca. 800 Jahre alt

Maori-Gebet an den Vater des Waldes

Zu den einzelnen Stationen gelangen wir über Holzstege, um die empfindlichen Wurzeln der Bäume nicht zu erschüttern. Matiu singt dann gern „Under the Boardwalk“. Vor Ankunft am ältesten Kauri der Welt Te Matua Ngahere, dem Vater des Waldes, schalten wir die Taschenlampen aus. Matiu bittet um Ruhe, er spricht Maori. Es ist eine Ankündigung unseres Besuchs an den fast 2000 Jahre alten Baum. Te Matua Ngahere solle uns wohlgesonnen unter seinen Blättern weilen zu lassen. Dann marschiert unser kleiner Trupp über die Planken, während Matiu ein Maori-Gebet singt. Als wir stoppen und im gehackten Rhythmus der polynesischen Sprache noch einmal eine Salve Wörter an den Baum prasselt, wirft Führer Matiu seinen Scheinwerfer auf den Giganten vor uns. Ahs und Ohs ob der riesigen Erscheinung vor uns. Der Vater des Waldes ist das zweitgrößte Exemplar seiner Art und hat bereits einen dicken Ast vor ein paar Jahren abgeworfen. Dennoch ist der Baum imposant und wirkt mit seiner hellen Borke im Dunkeln wie ein Gespenst, das seine Arme nach oben reisst.

Kiwi-Geschichten

Während wir den Baum betrachten und seine Größe abschätzen, kreischt in der Ferne ein Kiwi. 21 Mal schreit das Weibchen seinen schrillen Ruf, das Stichwort für Matiu, die Geschichte zu erzählen, wie der Kiwi flugunfähig wurde. Lange Geschichte kurz: alle anderen Vögel, die vom Waldgott Tanemahute gefragt wurden, ob sie seinen Wald nachts bewachen und damit am Boden leben müssten, hatten Ausreden und wollten nicht. Sie wurden bestraft mit allerlei Eigenschaften, die sie heute haben. Der Kiwi war als einziger bereit aufs Fliegen zu verzichten. Dafür wurde er der beliebteste Vogel im Reich von Tanemahuta und der Wappenvogel Neuseelands.

Tane Mahuta, musste ihn malen, hatte kein Stativ mit.

Tane Mahuta, musste ihn malen, hatte kein Stativ mit.

Am größten Kauri, bei Tane Mahuta

Zu genau diesem Tane Mahuta wandern wir nun weiter. Er ist der größte Kauri überhaupt. Er ist geschätzte 1000 Jahre alt, über 20 Meter misst der astlose, kerzengerade Stamm des Baumes bis sich in seiner Krone ein ganzes Biotop ausbreitet. Ehrfurchtsvoll stehen wir vor dem Riesen, der vom Mond ins perfekte Licht gesetzt wird, um seine Krone blinken die Sterne des Himmels. Die Kiwis sind verstummt, wir auch. Matiu erzählt die Geschichte, wie Gott Tanemahuta zum Weltschöpfer wurde, indem er Mutter Erde und Vater Himmel aus ihrer Umarmung zwang. Der Gott stemmte sich zwischen die verschlungenen Eltern und schuf so Licht, Luft und Lebensraum für sich und seine Brüder, für alle Geschöpfe. Wenn es regnet, dann ist das ein Zeichen der Liebe des Himmels zur Erde, die nie mehr zusammen sein können. Maori sehen Regen daher als einen Segen. Ein weiteres Mal singt Matiu ein Maorilied, spielt auf der Flöte und bittet um den Segen des Waldgottes für unsere Weiterreisen. Auch an uns hat Matiu eine Bitte, nämlich das Vermächtnis der Maori, ihre Geschichten, die tief in der Natur verhaftet sind, weiterzutragen. Ich sage hiermit weiter, was ich gehört habe.

Baumquerschnitt im Kauri Museum

Baumquerschnitt im Kauri Museum

Kauri-Museum

Nach der vierstündigen Tour fühlen wir uns umso mehr bestärkt, einen Baum zu pflanzen und fahren am Tag darauf zum Cape Reinga. Auf dem Weg halten wir noch am Kauri Museum und lassen uns vor allem über das Leben der Gumdigger (Harzgräber) aufklären, die zu einem Großteil aus Dalmatien kamen und in Neuseeland nach Gold gesucht hatten. Am beeindruckensten ist der Querschnitt eines Kauri, der durch eine Halle des Museums ragt. Der Rest des Stammes wurde für die komplette Balustrade des Raumes verarbeitet. Aber ganz ehrlich, in natura sind sie um einiges beeindruckender.

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Kia Ora, Claudi

Vielen Dank an Footprints und das Kauri Museum für die Einladung!
Thanks for inviting me to Footprints and the Kauri Museum!

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