Warum ich Maltas blaue Grotte nicht sah
Dies ist das famose Protokoll meines Versuchs, auf einer 27 x 14 Kilometer „großen“ Insel Malta eine Strecke von 20 Kilometern mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen. Wie und warum mich Maltas Bussystem an den Rande meiner nervlichen Belastbarkeit gebracht hat und was jeder Malta-Reisende unbedingt vor Urlaubsantritt und einer Rundreise in Malta wissen sollte, dürft ihr hier lesen ;)
10:30 Uhr
Die Sonne lacht schon höhnisch als wir aus der Tür unseres Feriendomizils in Naxxar treten. Sie wird uns rösten und braten, das ist klar. Malta ist ein warmes und trockenes Plätzchen, das haben wir in den vergangenen 2 Tagen schon gespürt. Aber Sonne macht auch glücklich und so treten wir optimistisch den Weg an.
10:45 Uhr
Es ist nicht weit zu den Bushaltestellen. Wir versuchen zunächst die mit den Valletta-Verbindungen. Am Plan stehen natürlich andere Zeiten als in der Tallinja App. Wir haben Bus 49 bereits verpasst. Der 46er kommt in 2 Minuten und winkt uns freundlich zu, fast leer. Mitnehmen will er uns aber nicht. Eine Minute später kommt die volle Linie 43, auch die nimmt uns nicht mit. Das war’s. Jede der Linien verkehrt nur einmal pro Stunde.
Wir traben zur Haltestelle eine Straße weiter.
11:15 Uhr
Ein voller Bus 202! Wir dürfen uns dazuquetschen. Es geht nach Rabat, dort könnte man mit einem Anschlussbus in den Süden kommen. Wir wollen zur berühmten Blauen Grotte. Aber zunächst stehen wir 30 Minuten im Bus, der seinerseits irgendwann im Stau steht. In Rabat putzt man eine Fassade und hält damit den gesamten Inselverkehr auf.
11:45 Uhr
Ausstieg in Rabat. Der Anschlussbus ist natürlich längst weg. Sein Nachfolger müsste in 45 Minuten kommen. Die Haltestelle liegt genau vor den Toren Mdinas. Man könnte sich nochmal dort umschauen, aber schon auf dem kurzen Weg zum Eingangstor überholen uns die Gruppen eines Kreuzfahrtschiffs. Mehrere! Wir beschließen, Mdina müsse jetzt voll sein und lassen uns im Park davor auf einen Kaffee nieder.
12:15 Uhr
Wir gehen schon mal zur Bushaltestelle. Die Erfahrung lehrte uns bereits, dass Maltas Busfahrer eher überpünktlich als zuspät sind. Der Stau scheint sich nicht aufgelöst zu haben. Busse stapeln sich auf dem Rabat-Busbahnhof. Kreuzfahrtausflüge und Linienbusse – alle kommen hier an und alle fahren hier wieder ab. Wir beobachten das rege Treiben und warten auf Nr. 201.
12:30 Uhr
Bus Nr. 201 fährt auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein. Keine Passagiere. Er fährt zur Wendeschleife, muss sich hinter den Kreuzfahrt- und Ausflusgsbussen einreihen. Wir warten, er müsste jeden Moment hier vorfahren und die Türen öffnen. Aber 201 ist wie vom Boden verschluckt.
12:40 Uhr
Ein weiterer 201er fährt gegenüber ein, dann in die Wendeschleife. Ich verliere ihn dort aus den Augen. Aber er kommt nicht auf unserer Straßenseite an. Eine 53 fährt vorüber. War das etwa mal die 201?! Wir sind perplex. Die 201 will heute nicht. Wir könnten nochmal 45 Minuten in der Sonne warten oder uns durch Mdina zum Fontanella Tea Room durchschlagen, um garantiert keinen Platz zu bekommen, weil hier immer noch die Hundertschaften der MSC durchs Gelände und ins berühmte Café geführt werden.
12:50 Uhr
Die Sonne macht uns mürbe. Maltas Blaue Grotte soll ja eh überschätzt sein. Wir entscheiden: der nächste Bus, der kommt, wird genommen! Egal, wo er hinfährt.
12:55 Uhr
Die Fahrt geht Richtung Sliema.
13:45 Uhr
In St. Julian’s steigen wir aus, bummeln auf der Strandpromenade entlang und bewundern das Blau des Mittelmeeres, das uns in jeder Bucht einen anderen Blauton präsentiert. Wer braucht die Blaue Grotte?!
Malta und seine 80 Buslinien
Das Bussystem auf Malta wird überall gelobt. Im Reiseführer, von anderen Reisenden, in Foren… von Mietwagen dagegen wird abgeraten. Malteser würden fahren wie Italiener, außerdem noch links und die Straßen seien arg schmal. Unfälle mit Fahrerflucht seien keine Seltenheit und die Straßen in schlechtem Zustand. Normalerweise lese ich solche Foren vor einer Reise nicht. Hab ich auch dieses Mal nicht, ich schieb das auf meinen Freund. Er war’s!
Ich habe kein Problem mit Linksfahren, schmale Straßen kenne ich ja nun auch aus Irland und Schottland. Schlechte Straßen haben wir auch in Deutschland. Die Fahrerflüchtigen machten mir dann doch Bedenken. Am Ende lassen wir das mit dem Mietwagen also sein. Und überhaupt, das Bussystem soll mit der Tallinja-Karte (21 Euro für 7 Tage unbegrenztes Fahren) und seinen 80 Linien quasi alle Orte auf Malta miteinander irgendwie verbinden. Dann eben gemütlich über die Insel.
IRGENDWIE ist das Schlüsselwort in dieser Information. Warum auch immer, Maltas Buslinien sind absurderweise zu einem Großteil sternförmig ausgerichtet. Ab Valletta kommt man überall hin. Aber wer von einem Ort zum nächsten will, der nicht Valletta ist, der muss dennoch zurück zur Hauptstadt. Oder eben zu einem anderen Knotenpunkt, wo sich Buslinien überschneiden. Dass man auf diese Weise sehr viel Zeit verliert, muss ich nicht sagen, oder?
Zeit ist relativ
Die Strecke Naxxar – Blaue Grotte beträgt 15 Kilometer, maximal 20. Sie ist kaum unter 1,5 Stunden mit dem öffentlichen Nahverkehr zu schaffen. Denn neben der umständlichen Sternförmigkeit muss man auch bedenken, dass Malta nicht Berlin ist, wo die Busse schon nerven, wenn sie nur alle 20 und nicht alle 10 Minuten vorbeikommen. Maltas Busse fahren bis auf wenige Ausnahmen stündlich. Wartezeiten sind also nicht selten.
In Berlin macht mich das nicht so fertig, wenn ich mal auf den Bus warten muss. Aber im Urlaub bzw. auf Recherche, will ich in der wenigen Zeit, die ich habe, möglichst viel sehen. Zumal die Insel doch so miniklein ist! Ich hab mir das echt einfacher vorgestellt und natürlich ärgert man sich hinterher noch mehr, dass man den Mietwagen nicht genommen hat. Ich hätte geschwitzt, um durch diese schmalen Straßen zu kommen, ja. Und das zugeparkte Einbahnstraßenlabyrinth hätte mich auch nicht begeistert. Aber ich wäre nicht nur zur Blauen Grotte Maltas gekommen, ich hätte am selben Vormittag gleich weiter nach Hagar Qim fahren können und von dort – völlig verrückt – zur Anchor Bay im Norden, um das Popeye Village von den gegenüberliegenden Klippen aus auszuchecken.
Wer auf Malta Urlaub machen und etwas von der Insel sehen möchte, KANN Bus fahren. Dann sollte man sich aber nicht mehr als eine Sehenswürdigkeit oder einen Ort pro Tag vornehmen. Dann ist alles entspannt. Ich gebe zu, 5 Tage für eine Insel einzuplanen, die durchaus etwas zu bieten hat und dann noch alles davon sehen zu wollen, ist meine persönliche Macke und nicht unbedingt für alle anderen die Idee vom erfüllenden Reisen und Urlauben.
Um die Insel hoppen im Sightseeing-Bus
Ich möchte die Info nicht vorenthalten, dass es auf Malta auch Sightseeing-Busse gibt. Die fahren im Kreis, von einem sehenswerten Örtchen zum nächsten. Man kann dort aussteigen, muss dann aber auf den nächsten Bus warten, der in 30 Minuten kommt. Auf diese Weise sieht man mehr als mit den üblichen Linien! Es gibt 3 Routen (eine davon für Gozo) mit den Hop-on-hop-off-Bussen, kosten 20 Euro am Tag. Die Busse starten in Sliema, holen aber auch (einen Tag vorher anrufen und Bescheid geben) ab. Überall aussteigen und 45 Minuten bleiben, schafft man allerdings nicht ;)
Für alle anderen Reisetypen empfehle ich die Freiheit des selbstbestimmten Vorankommens: Wenn in Malta, dann Mietwagen buchen. Dann klappt’s auch mit den vielen sehenswerten Orten auf Malta ;)
p.s. Ich habe meinen Frieden mit Maltas Buswirrwarr geschlossen. Statt eine halbe Stunde in und durch Maltas Blauen Grotte zu gondeln, haben wir ab Sliema eine anderthalbstündige Hafenrundfahrt mit tollen Valletta-Ausblicken gemacht. Im B&B erzählten uns andere Gäste, dass sie auch schon von Bussen versetzt worden waren und dass sie just an diesem Tag eigentlich die Insel mit einem Boot umrunden wollten. Das fiel aus – wegen zu starken Winden. Vermutlich sind auch die Fahrten um die Blauen Grotte gar nicht gestartet ;)
Stichworte: ausflug, blaue Grotte, bus, insel, mietwagen, nahverkehr, valletta