Die kreativste Künstlerin Lissabons im Interview
Diese Recherchereise hatte von Anfang an das Motto „das weibliche Lissabon “. Dazu hat man mir netterweise das Gespräch mit der Fadosängerin arrangiert, heute kamen die anderen beiden Damen ins Spiel. Eine junge Hotelmanagerin hat mir beim Frühstück (Pasteis!) ein bisserl was über die Vorzüge Lissabons fürs weibliche Publikum erzählt. Das Übliche halt: frau kann hier shoppen, sich in umliegenden Spas und Wellnesstempeln erholen, mit den Freundinnen mal einfach nur gut essen gehen und sich in Souvenirs suhlen – eben alles, wo der angeschlossene Mann hauptsächlich die Augen verdreht und stöhnt. Was daran nun der Unterschied zu anderen Großstädten ist… ich weiß es nicht, Ana Beatriz auch nicht so genau. Das Südland-Gefühl dabei vielleicht, oder die grelle Sonne.
Das größte Shoppingcenter Lissabons mit Erholungswerten und solchen Dingen befindet sich im Parque das Nacoes. Dort entdeckt man unter Vasco da Gamas guten Namen die Welt der Marken. Oder man geht nur durch, geradewegs zum Hinterausgang, Flussseite. Da gondelt eine Seilbahn in Sichtweite direkt über dem Tejo den Park entlang. Ein kleiner Spaziergang tut’s auch, um zum Ozeanarium zu gelangen. Dort nämlich steht Vasco (originelle Namenswahl!) und empfängt Groß und Klein im mittlerweile nur noch zweitgrößten Aquarium Europas (Valencia hat‘s wohl übertroffen).
Trotzdem gibt es ein paar große Fische zu sehen. Einen einsamen Manta hab ich seine Kreise schwingen sehen, Tigerhai & Co. waren da und ein Mondfisch (der auf englisch ein „Sonnenfisch“ ist) sorgt für ein gewichtiges Aufsehen. Außerdem hält man dort ein Otterpärchen, das gerade gefüttert wurde und dabei fleißig im Wasser kreiselte. Ein paar Pinguine stehen auch in einer Gletscherlandschaft herum. Ansonsten beschränkt man sich auf kleinere Schaubecken, in einem davon sind die Seedrachen untergebracht. Alles in allem ist es zwar größer als das Berliner Sealife, aber man kann auch hier in einer Stunde durchlaufen. Vor allem, wenn man keine Zeit hat wie ich. Oder meint, keine Zeit zu haben, weil man die Uhr nicht umgestellt hat.
Ich war also eine Stunde zu früh am Treffpunkt für das wichtige Interview des Tages. Und dann war die Künstlerin natürlich unpünktlich bzw. schwer beschäftigt, bevor sie mich in ihrem Atelier empfing.
Das lag wohl daran, dass Joana Vasconcelos eine nette runde Frau ist, die gern und viel erzählt. Mit mir palavert sie über 2 Stunden, kritzelt dabei hyperaktiv in einem Skizzenbuch oder auf einem Blatt Papier, verdreht eine Plastikschlange zu Skulpturen… Ich kenne diese Frau und ihre Arbeiten nicht. Ihr hat man gesagt, ich würde mich brennend interessieren und hätte um dieses Interview gebeten. Mir hat man den Termin einfach in den Plan geschrieben. Ich kenne Joana also nur von ihrer Webseite. Und ihre Werke sind dort auch zu finden: Ein Vorhang aus Tampons, überdimensionale Pantoletten aus Pfannen und diverse Stoffmonster – alles aus Alltagsgegenständen, alles abstrakt, alles Kunst!
In der Halle hängt gerade ein riesiges Herz aus Plastikbesteck – filigran und aufwendig gearbeitet. Da stecken 1,5 Monate Arbeit von 4 Leuten und 5000 Messer, Gabeln, Löffel und heisse Luft drin. Dieses Stück soll bei Christy’s versteigert werden, sein Vorgänger ging an einen privaten Sammler – für schlappe 100.000 Euro. Joana muss also keine Finanzkrise fürchten. Am Ende des Tages hat mich die Frau mit den meterhohen Kerzenständern aus Flaschen dann doch noch auf den Trichter gebracht: Lisboa kann nur weiblich sein, der Name verrät es doch schon! Das ganz besondere Licht und die Meeresluft – für Joana macht das die schönste Stadt der Welt aus. Gleich danach käme Paris.
Und dann geh ich zufrieden zur Tram, fahre noch einmal ins Zentrum, wo ich noch einen der Elevadore von Unter- zu Oberstadt nehmen möchte. Ein großer Fahrstuhl mitten auf der Gasse, der einen dann mal an die 50 Meter nach oben zieht. Schöner Ausblick vom Stahlwerk und als ich mein Sturzfoto habe, strebe ich der Tür zur Abfahrt zu. Und während wir warten, spricht mich ein alter Mann an – war klar. Ich gebe meine Nationalität zu und schon geht’s los.
Deutsch sei schwierig, aber Englisch kann er und erklärt mir, dass der Aufzug von einem Schüler Herrn Eiffels konzipiert wurde, dass ich mir keine Sorgen wegen Terroristen machen müsse, denn Portugal habe seine Kolonien alle unter Kontrolle. Ost-Timur z.B., da spräche man Portugiesisch und glaube an christliche Werte. Nicht so in Indonesien, wo die Holländer so flax waren, dass da heute der größte Moslemstaat existieren könne und Holländisch würden die auch nicht sprechen. Er singt ein Loblied auf die große Seefahrernation von einst, die mal die halbe Welt beherrscht hat. Sowas würden wir Europär alles nicht wissen! Wir wüssten ja nicht mal, warum wir Tee sagen. Ich sag das nicht, ich trinke Kaffee! Aber der war schon amüsant. Hätte gern weiter mit ihm geplaudert, aber am Ausgang hat er mir sehr betont einen schönen Abend gewünscht. Den hatte ich dann auch im Hotel Heritage, das seinen Gästen übrigens zu jeder Zeit Tee zum Nulltarif anbietet. Sowas mögen ja Frauen auch besonders gern.
Das war’s dann auch schon aus Lissabon. Morgen geht es kurz nach Hause und am Donnerstag weiter nach Süden, in den Süden Afrikas.
Obrigada & Adeus
Claudi
Ich reiste auf Einladung von Turismo de Lisboa
Stichworte: aquarium, design, Elevadore, fado, kunst, Ozeanarium, staedte