Was Elba heute noch mit Napoleons Exil gemeinsam hat
Der Weg ins Exil ist verdammt lang! Aber, mal wieder, ist meine Zeitempfinden bei der Anreise trotz gefühlter 3 Tage doch einer Täuschung unterlegen gegenüber dem, was andere tatsächlich benötigten. Napoleon brauchte zum Beispiel 2 ganze Tage bis er in Portoferraio an Land gehen konnte. Ich habe nur lächerliche 10 Stunden in Fliegern, Flughäfen, Fähren und Bussen auf den 1500 Kilometern zwischen Berlin und Elba verbracht. Das war übrigens mein erster Flug mit Germanwings und meine erste Moby-Fähre, mit der man vom toskanischen Festland aufs Toskanische Archipel übersetzt.
Flüge und Fähren nach Elba
Der Weg aufs Eiland war ein immer wiederkehrendes Thema auf diesem Kurztrip. Fest steht: ohne mindestens einen Umstieg geht es nicht nach Elba. Einzig InterSky landet auf der derzeit noch sehr kleinen Landebahn direkt auf der Insel. Wer nicht mit Intersky (ab München oder via Friedrichshafen) fliegt, muss irgendwo in der Festland-Toskana landen. Ab Pisa oder Florenz dann einfach in den Zug hüpfen (günstig in Italien!) und schon ist man in 1-2 Stunden am Hafen von Piombino. Mobyline ist die Fähre der einzigen Wahl und setzt in einer Stunde über. Elba muss also den Weg Wert sein.
Mittelmeer-Insel mit Charakter
Ich muss bekennen, ich kenne kaum eine Mittelmeerinsel. So ist das, wenn man Fernreisen bevorzugt. Aber wenn man die kurvigen Straßen an den Klippen Elbas entlang fährt, kommt schon hin und wieder ein „Oh“ und „wie schön“. Unten, wo die Felsen ins Wasser stürzen, färbt sich das kristallklare Wasser in leuchtendes Türkis. Pinien und Esskastanien verleihen Elba einen außergewöhnlich grünen Charakter, sagte man mir. Im Frühjahr und Sommer wallen an den felsigen Hängen grell pinke Mittagsblumen wie Teppiche herab.
Auf der Insel, wo die Zitronen blühen
Ich weilte im Hotel Ilio im Nordwesten Elbas, dort wo wahrhaft die Zitronen blühen und fruchten – direkt im Vorgarten. Das kleine Hotel liegt im kleinen Ort St. Andrea, unweit des Capo de St. Andrea. Dort hangelt man sich über bizarre Felsenformationen und Riesenfindlinge an der Wasserkante entlang und ist ganz verzückt, wenn plötzlich um die Ecke die Sonne im Meer erlischt. Hach, Romantikerherz, was willst du mehr? Ja ok, ein Angler stand noch im Bild rum.
Elba – Napoleons Exil
Ob Herr Bonaparte sein kleines 10-monatiges Reich hier wirklich romantisch fand, ist nicht gesichert. Aber er hat es sich schön gemacht. Hat Straßen verbessern lassen, Latrinenbau veranlasst… sich eine Residenz über dem Hafen von Portoferraio und eine kleine Sommerresidenz vor den Toren der Stadt errichtet. An jener machten wir auch Halt. Man war kaum an den Mussolini-Schürzen vorbei, da rief schon eine dicke alte Mamma unterm gelben Sonnenschirm etwas von Buch mit Autogramm herüber. Natürlich erweckt diese marktschreierische Offerte der alten Dame hinter dem Buchstapel das Interesse eines Journalistentrupps.
Man schart sich unter den großen gelben Sonnenschirm und erfährt, dass Nonna Adua ein Star auf Elba ist, ein Kochstar. Sie verkauft, ja mit ihrem Autogramm, ihr elbanisches Kochbuch in x verschiedenen Sprachen. Ich muss sagen, um dieses „Kuriosum“ habe ich ausnahmsweise mal einen Bogen gemacht. Die Mussolini-Schürzen waren noch verrückter als die alte Dame. Aber ich habe sie nach all den Fragen der anderen mit Qwoo bekannt gemacht. Den wollte sie mir glatt abkaufen! Ja, Kochrezepte mit Würstchen hat sie auch auf Lager, aber ihre Lieblingsspeise bleiben die Spaghetti mit Langusten.
Napoleons Gartenhaus und Museum
Eine kleine Via Apia weiter geht es also endlich zur Sommerresidenz von Napoleon I. Uns fallen die vielen Bienen an den Toren und Deckenmalereien auf. Es war wohl Napoleons Verdienst, dass Elba drei Bienen in der Flagge und quasi als Wappentier führt. War er also fleißig wie ein Bienchen ? Oder giftstachelig wie eine Biene? Ein Fan großer Gemeinschaften? Ein großes Volk sind die Elbaner ja nun nicht…
Man betritt zunächst nicht die Residenz, sondern ein Museum, dass Napoleon von einem historischen Fan gewidmet wurde. Dort haben wir uns alte Zeichnungen und Karikaturen angesehen. Napoleon dürfte neben GW Bush der meist karikierte Mann sein :D In seiner alten Villa oberhalb des Museums schieben sich die Touristen durch die sehr aufwendig restaurierten Gemächer. Für meinen Geschmack wirken die Bemalungen an den Wänden recht neu, das macht‘s nicht ganz so authentisch. Aber im ägyptischen Zimmer haben mich die Bienen-Hieroglyphen echt beeindruckt! Napoleon hat sich eben alles erlauben dürfen, auch Schriftzeichen zu erfinden. Das Interieur ist zum Großteil nachgestellt, die echten Möbel hat Napoleons Schwester nach seiner Flucht von Elba abholen lassen.
Wo Napoleon seine Geliebte empfing
Napoleonische Geschichte ist nicht unbedingt mein Steckenpferd (kenn mich mehr mit dem Mittelalter aus :D). Seinen Aufenthalt auf Elba muss man nach dem Napoleonischen Kriegen und vor der Schlacht von Waterloo einordnen. Außerdem hat er sich nur 10 Monate auf der Insel aufgehalten, nach seiner Abdankung in 1814. Er konnte dennoch flüchten, riss kurzfristig 100 Tage lang die Macht in Frankreich wieder an sich und wurde schließlich nach St. Helena verbannt, wo er starb. Auf Elba war er nicht ganz unfreiwillig, stammte er ja vom benachbarten Korsika und konnte das Exil wählen. Hier traf er wohl auch hin und wieder seine Geliebte, nachdem die eigene Frau nie die ja Insel betrat.
Angeblich traf Napoleon die Gräfin Waleska in einer kleinen Kapelle, die man als Madonna del Monte kennt. Wir sind den kleinen Weg von Marciana Alto über unzählige Stufen und Baumwurzeln an 12 kleinen Pilger-Kaplellchen vorbei bis nach oben mal nachspaziert. Ja, Elba hat Berge! „Nur 45 Minuten“ waren dann doch 2 Stunden (allerdings hatten wir vorher gutes Mittagessen).
Oben angelangt, taucht man in einen verwunschen Wald aus alten knorrigen Kastanien und Eichen ein. Die Kapelle wird gerade restauriert und ist daher eingerüstet und nicht sehr fotogen. Im Inneren ist aber alles beim Alten, ein Meisterwerk der katholischen Kirchenkunst – ganz ohne Gold und Prunk! Ob Napoleon hier war oder nicht, sein Geist hier zu spüren ist oder eben eher nicht, es ist ein schöner Ort am Ende eines ausblickreichen Spazierwegs. Davon soll es etliche geben. Elba möchte vom Badeurlaubsort zur Wanderinsel werden. Also: fahrt hin und geht wandern ;)
Demnächst mehr von Elba mit Wein, Parfüm und Kaschmir!
Vielen Dank an Hotel Ilio für die Unterstützung dieser Recherchereise
Stichworte: Elba, geschichte, insel, Napoleoon Bonaparte, Toskana