Wie ich durch die geistreichen Schlösser im Aberdeen Shire streifte
Herzlich Willkommen zu Claudis kleiner Geisterstunde!
Die Fjord-Steaks lagen schwer im Magen, ich hatte zwischenzeitlich schon geglaubt, der Geist der verspeisten Kuh hätte angefangen meinen Magen zu „haunten“. Kommen wir aber zu den echten Geistergeschichten. Und ich takte auch gleich mit dem schönsten und am umfangreichsten ausgestatteten Schlösschen auf. Fyvie Castle hat mich wirklich beeindruckt und dass, obwohl ich Schlösser im Allgemeinen strunzlangweilig finde. Zu Fyvie könnte man ganze Abhandlungen verfassen. Es ist seit dem 12. Jahrhundert als Burg belegt, Robert The Bruce hielt hier Hof, genauso wie diverse Adlige und Royals nach ihm. Bis das Schlösschen Privatbesitz wurde und durch fünf Familien gegeben wurde. Zuletzt übereignete ein Herr Forbes-Leith Fyvie an die Kulturerbehüter des Schottenlandes.
Fyvie – Geisterschloss mit Vollausstattung
Eine jede Family hat ihren Anbau getätigt und ihren Prunk ins Schloss getragen. Die einen haben ein altes holländisches Handelsschiff entkernt und das Kaminportal aufgemotzt, die anderen haben eine steinerne Wendeltreppe angelegt, die so breit war, dass man mit 4 Pferden nebeneinander darauf hochjagen konnte. Und das haben sie auch getan – IM Schloss, Pferderennen auf der Treppe. Dekadenz, ick hör dir trappeln! Gemäldesammlungen, Mobilar und Memorabilia aus allen Epochen, Trophäen, grinsende Ritterrüstungen und sogar ein Billardtisch stehen in den insgesamt 100 Räumen. Alles vollgestopft und ausstaffiert wie gerade erst verlassen.
Fyvie – Verfluchte Steine
Zum Inventar gehören auch ein paar Geister und Flüche. Beispielsweise der von den 3 weinenden Steinen. Da hat im 13. Jahrhundert ein Seher/Gaukler um Einlass gebeten und wurde wohl so grob abgewiesen, dass er die Schlossbesitzer verfluchte. Jeder erstgeborene Sohn soll vor dem Vater sterben, bis die vom Seher im Mauerwerk versteckten 3 weinenden Steine gefunden sind. Bis heute hat man nur einen Stein gefunden und bis heute starben tatsächlich die Söhne vor den Vätern. Immer nur der „Second Son of the Second Son“ erbte den Besitz.
Fyvie – die Grüne Frau
Der gute Geist des Schlosses ist die Grüne Frau. Sie verstellt Gegenstände und rauscht mit kühler Aura und Rosenduft durch die Gänge unweit des Zimmers, in dem ihr Mann sie einsperrte und verhungern ließ, um eine andere heiraten zu können. Die Dame im grünen Gewand tut jedoch niemandem etwas zu Leide. Ich hab leider keine Röslein gerochen.
Reiterbeine und Tanzbeine auf Fraser Castle
Nach drei Stunden Fyvie-Rundgang geht es weiter zum Castle Fraser. Kontrastprogramm zu Fyvie. Kaum Räume, kleine noch dazu. Verwinkelt und wie ein Irrgarten gebaut, längst nicht so ausgestattet wie der Konkurrent. Das bizarrste im Schloss ist das Holzbein des letzten Lord Frasers. Es ist sein Reitbein. Die übrigen 15 Holzbeine (ja, auch das Tanzbein) gab man nach dem 1. Weltkrieg an Bedürftige. Ich kürze ab: der Garten von Fraser gefällt mir um mehr als eine Beinlänge besser als die Burg selbst. Dort pflanzt die Landschaftsarchitektin in diesem Jahr das Gemüse im Kreis an – wenn das mal nicht gespenstisch ist!
Königlich – Balmoral und Ballatar
Je mehr man sich von der Küste gen Westen orientiert, desto hügeliger wird auch das Aberdeenshire. Am Ende des Tages erreichen Guidess Johanna und ich die Highlands und das Tal des Dee. Im Lieblingsschottendorf der Royals, Ballatar, steigen wir ab. Es gibt immerhin die alte königliche Bahnstation zu begucken, an der einst Queen Victoria ausstieg und sich sofort in die Berge verliebte. Dann ließ sie das wenige Kilometer entfernte Balmoral Castle abreißen und neu aufbauen, nannte es Sommersitz und seither strömen die Untertanen in das „paradise in the highlands“.
Heideduft überm Cairngorm Nationalpark
Wir sehen uns diesen Abend nicht mehr das Schloss an. Stattdessen kutschiert mich Johanna durch die heidebedeckten Hügel des Royal Deeside, einem Teil des Nationalparks Cairngorm entlang des Dees. Leider blüht noch nicht alles, aber ich habe mir sagen lassen, dass dieser Teppich aus pinker Erika auch ganz wunderbar duftet, wenn man durchwandert. Der August sei dafür sehr empfohlen! Nach einem Spaziergang durch Ballatar mit seinen königlich gekennzeichneten Drogerien, Fleischern und Nippesläden, endet auch dieser Tag mit üppigem Essen und dem Wunsch auszuschlafen. Den Gefallen tut man mir natürlich nicht. Am Sonntagmorgen wartet schließlich die Besichtigung von Balmoral Castle.
Sonntagsspaziergang durchs Sommerschloss der Queen
Dort karrt man die Besucher vom Eingang/ Ticketschalter per Traktor zum Schlossgrund. Auf dem gibt es außer den vielen Eichhörnchen kaum etwas zu sehen. Der alte Kutschenstall ist zu einem Mini-Museum umgestaltet worden, im Schloss selbst ist nur der Ballsaal geöffnet. Das Schloss wird ab August auch wieder dicht gemacht, da kommen die Royals und machen hier Ferien. In der übrigen Zeit geistert angeblich Mr. Brown, der Bodyguard Victorias noch übers Gelände, aber so richtig glauben das nicht mal die ansässigen Ticketverkäufer.
Und damit Ende der Geschichte für heute. Morgen noch einmal Schottland, Schlösser, Spukgespenster und Highland Games!
Eure Claudi
Diese Recherchereise wurde unterstützt von Visit Scotland. Herzlichen Dank dafür!
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