Wie ich Berlins Goldelse mal unter den Rock schaute
Wenn man sein Publikum schon auf der höhreren Aufmerksamkeitskurve erwischt hat, sollt man es halten. Also bitte: Neues Lesefutter für die Mittagspause! :) Ich finde, es ist mal wieder Zeit für ein kleines Stückchen Berlin. Ach, was lieb ick diese Stadt! Bin durch die Karl-Marx-Allee (nachträglich alles Jute, wa ;)) geradelt.
Lindenblütenduft in der Berliner Luft und strahlend blauer Himmel mit Schäfchenwolken, die die Kamera ja geradezu herausfordern! Wobei die Allee ja nun nicht unbedingt ein Ausflugshighlight ist. Es sei denn man mag diese endlose Aneinanderreihung „stalinistischen Zuckerbäckerstils“, wie man diese 50-Jahre-Bauten wohlmeinend bezeichnet. Wobei ich das Frankfurter Tor trotzdem schön finde. Also, die Türme, weil ein Tor in dem Sinne ist es ja nicht.
Das Endziel der kleinen Tour war die Goldelse am Großen Stern. Fotos von der Siegessäule (über die Dänen!) hab ich ja schon, aber ich war noch nie ganz oben. Quasi da, wo man der Goldelse untern Rock gucken kann, hihi :))
Bis dahin muss man aber erst durch ein obskures Museum wandeln, in dem kleine Modelle von diversen europäischen Türmen und Prunkgebäuden stehen. Also nicht nur das Brandenburger Tor, sondern auch Big Ben aus London und der Invalidendom aus Paris, das Hermanndenkmal… was auch immer dahintersteckt, icke hab’s nich kapiert, wa! Aber egal. Man will (will man?) ja sowieso nicht ins Museum, sondern rauf. Zur Goldelse. 285 Stufen (ich hab sie nicht zählen müssen, über sowas informieren Schilder). Vergehen wie im Fluge, weil man sich beim Hochsteigen mit Lesen ablenken kann. Der Turm ist die reinste Graffiti-Werkstatt. Mal abgesehen von mir, hat da so ziemlich jeder, der mal in der Säule hochgelaufen ist, seinen Wilhelm oder Otto auf den Beton gesetzt. Alle Länder, alle Sprachen, fast alle Farben. Sieht auch nicht aus, als ob das jemand mal versucht hat zu übertünchen. Würde eh keinen Sinn machen, aber so schön siehts nun auch nicht aus. Finde, die sollten Stifte und Graffiti-Dosen am Eingang verteilen, und damit die Überlast von Schwarz und Weiß ausschließen. Dann wird das auch mal was künstlerisch Wertvolles. Ich nun wieder mit meinem Anspruch…
Also gut, dann ist man eben irgendwann oben und drängelt sich auf einem halben Meter breiten Rundgang um einen (geschätzte) 5 Meter Sockel, auf dem die Goldelse steht, das eigentlich die römische Siegesgöttin Victoria sein soll. Ein reichlich verziertes Geländer verhindert den Absturz aus 50 Metern Höhe und versperrt immerhin nicht den Ausblick über janz Berlin! Schönes Wetter heute, wirklich. Kein Smog und freie Sicht bis Wannsee :D (nein, soweit nicht). Auf jeden Fall sieht man die umliegenden bekannten Gesichter/Gebäude. Der olle Fernsehturm, das Rathaus und das Tor, Reichstag und Waschmaschine, sogar Erisch’s Lampenladen ist noch erkennbar (jeht voran, det wird schon noch, bald isser fort!)
Und unten im Tiergarten, gleich am Kreisel hockt der alte Moltke auf seinem Sockel und Bismarck ist da wohl auch angesiedelt. Und alles grün! Berlin im Sommer! Als hätt ich’s noch nie im Sommer gesehen :D Deshalb schnell wieder runter (und ein paar schnaubenden Aufsteigern auf Stufe 30 Hoffnung machen, dass sie gleich oben sind :D) und rein ins grüne Vergnügen – sprich, wieder durch die Linden-Alleen nach Hause radeln.
Hab noch einen Stopp am Rathaus gemacht. Da konnte ich dann auch das neue Stadtmotto lesen: „Sei Kiez, sei Kult, sei Berlin“ stand auf den Fahnen, auf dem Schild über der Eingangstür was noch langweiligeres! Da war „Arm, aber sexy“ doch fast schon… sexy. Naja, dafür zeigt Herr W. ob seiner sexuellen Veranlagung seit Neuestem Flagge: Regenbogenfahne vorm Rathaus! Dit is eben Berlin, wa. Hier kannste alles machen, interessiert keene Sau :D
In diesem Sinne also durchaus ein „day 2 repeat“, wie sie das da singen.
bis die Tage
Claudi, Neben-Berliner