Wie ich mit einer Fähre entspannt durch die Fjorde Patagoniens schipperte
Das patagonische Eckchen Südamerikas ist zerklüftet und zersiedelt. Es gibt kaum noch Straßen. Nur noch Fjorde und Kanäle zerteilen und durchziehen die eisgepanzerten Bergmassive.
Um zum Herzen Patagoniens, den Torres del Paine, vorzudringen, gibt es daher nur wenige Möglichkeiten:
1. Man wandert 1000e Kilometer über Fels. Wer Herausforderungen braucht.
2. Man fliegt von Puerto Montt nach Punta Arenas und greift dann auf Busse zurück.
3. Man nimmt den Reisebus für 36 knautschige Stunden durch Chile und Argentinien bis Punta Arenas. ( Mietwagen geht sicher auch, aber die Werkstätten dürften weit auseinanderliegen…)
4. Man nimmt die Fähre durchs Seen- und Fjordland bis Puerto Natales, ab wo ebenfalls wieder Straßen existieren.
Per Fähre durch die Fjorde
Wir haben uns für die letztere Variante entschieden. Sie ist die entschleunigte Möglichkeit, die mehr als 2000 Kilometer einigermaßen entspannt abzureißen. Das Frachtschiff der Navimag wurde zwar für Passagiere umgebaut, ist aber längst kein Luxusdampfer. Von einer Kreuzfahrt ist also nur zu sprechen, wenn man das Kreuzundquerfahren auf den Kanälen und Fjorden Patagoniens meint.
Die Fahrt entlang hoher und weniger hoher Berge erstreckt sich über 4 Tage. An unserer Kajüte ziehen Wälder vorüber, die wie Grasteppiche erscheinen, man verliert schnell das Gefühl für Größeneinschätzungen ob der Weite. Hin und wieder springen Pinguine über die Wasseroberfläche und flitzen von Schiff weg. Wir meinen in einiger Entfernung sogar Orcas gesehen zu haben, man sah immer nur die Rückenflosse, was aber auch Delfine haben… Wie gesagt, Distanzen und Größen schätzen wird irgendwann schwierig.
Raue Überfahrt auf dem Pazifik
Für 12 Stunden bewegt sich das schwimmende Gefährt auf offenem Meer. Wie tuckern quasi an der Außenseite des südamerikanischen Kontinents entlang. Eine bewegende Angelegenheit, beim Abendessen dezimiert sich die Anzahl der Essenden daher recht schnell und auch in der schaukelnden Nacht fürchtete man hin und wieder Schäden durch herunterfallende Gegenstände. Den Film des Abends „Marsch der Pinguine“ haben jedenfalls nicht viele der 50 Passagiere gesehen. Ansonsten führt der Weg durch die in Jahrtausenden von Gletschern und Flüssen in Granit geschürften Täler.
Expeditionsfahrt mit Gletschern
Wie sich das auf Expeditionsfahrten gehört, werden täglich Vorträge angeboten, in denen wir mehr über Flora und Fauna Patagoniens lernen. Die spannendste davon war Guide Percys Einführung in Glaziologie, wãhrend draußen die ersten Eisberge vorbeitrieben. Das Highlight der windigen Überfahrt ist natürlich der Stopp am Gletscher. In unserem Fall Pio XI, der übrigens fleißig wächst. Hoch auf waren vor allem die Backpacker und LKW-Fahrer, die in freudiger Erwartung ihrer Gletschersichtung und vielleicht auch um die kalten Umstände wissend, Wein in rauen Mengen getankt hatten. Macht es natürlich schwer, die überragende Eiswand in ihrer majestätischen Herrlichkeit wirken zu lassen. Aber schön ist es schon, das blaue Eis.
Internationale Passagiere
Und sonst? Jede Menge sitzen im Pub, weil man von dort aus eine gute Aussicht aufs Geschehen aufm Wasser hat. Außerdem läuft den lieben langen Tag Musik (REO Speedwagon, Eagles und Co.!) und wenn der Barmann nicht gerade Siesta hält, sogar verträglicher Automatenkaffee. Lustige Menschen trifft man auch. Vor allem beim Dinner gab es immer wieder Spaß am Sprachengewirr, da wir als 4 dem Spanischen nicht mächtige Deutsche (zwei davon nicht mal hochdeutsch sprechende) mit zwei weltreisenden, kaum englisch parlierenden Franzosen tun hatten. Aber Bernard erinnerte sich ans Schuldeutsch in Brocken, wir ans Schulfranzösisch… Hände und Füße tun den Rest.
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Und wenn auch 7 Stunden später als gedacht, schippert man dann im kühlen, aber farbenfroh angemalten Puerto Natales, der Regionalhauptstadt Südpatagoniens ein und freut sich doch, die Seebeine wieder loszuwerden und festen Boden unter den Füßen zu haben. Dass es zuvor ein Erdbeben samt Tsunamiwarnung in Santiago gab, erfahren wir erst jetzt. Vielleicht hat es deshalb so geschaukelt?
Wir schunkeln jetzt erst einmal zum Paine-Gebirge und sagen Adios bis später!
Vielen Dank an Navimag für die Unterstützung dieser Recherchereise