Neuseelands komischster Vogel – der Kakapo
In Neuseeland ist so manches anders. Auch die Vögel! Denen hat die Natur offenbar eine Vorrichtung eingebaut, damit sie weder abheben, noch in andere Länder flüchten können. Dabei sind die Flugunfähigen dann meist auch noch drollig und für mich auch ein bisschen Tourimagnet, wie die Kiwis, die Pinguine und: KAKAPOS.
Vom Kakapo las ich irgendwann kurz nach der Jahrtausendwende in einem Buch von Sience-Fiction-Autor Douglas Adams. In Die Letzten ihrer Art (Link zu Amazon, falls du gleich bestellen magst.) wurde der plumpe Nachtpapagei so spaßig und anschaulich beschrieben, dass ich ihn zunächst für ein Phantasieprodukt gehalten hatte. Aber Adams schrieb über existierende, allerdings absehbar nicht mehr lange existierende, Tiere! Ein Nachtpapagei – zu fett zum Fliegen, zu bequem zur Fortpflanzung und immer zu Fuß unterwegs in hübschem grünen Federkleid – ich wollte ihn sehen!
Wo finde ich einen Kakapo?
Ich hatte keine Chance. Weder auf der ersten noch bei der zweiten Neuseelandreise kam mir einer unter. Konnte auch nicht. Kakapos sind so sehr vom Aussterben bedroht, dass man sie beim Department of Conversation züchtet, wenn sie zu alt sind auch pflegt und nachgezogenen Jungtiere auf einsame und unzugängliche kleinere Inseln verfrachtet.
Es gibt nur eine Chance: Spokesbird Sirocco!
Er ist mit 19 Jahren ein noch junger Kakapo (sie können bis zu 100 Jahre alt werden!) und macht hin und wieder in neuseeländischen Zoos für kurze Zeit seine Aufwartung. Seine Anwesenheit soll auf die Rettung der seltenen Spezies aufmerksam machen, aber auch darauf, dass der Mensch sehr schnell seine Umwelt zum Nachteil verändern kann. Wer es schafft, zur rechten Zeit in Neuseeland zu sein, sollt sich den Zoobesuch nicht entgehen lassen! Ich hatte Sirocco leider um ein paar Tage verpasst. Er war bereits zurück in seinem Domizil des DOC. Ein plüschiges Abbild gibt es jedoch für alle Kakapo-Fans in fast jedem Souvenirladen (gleich neben den Kiwis und Keas ;)).
Warum starb der Kakapo fast aus?
Der Mensch ist schuld, das steht fest. Die Maori füllten ihre Matratzen und Kissen mit den Federn des Papageien, machten sich hübsche grüne Mäntel und ja, natürlich briet man sich auch mal einen Kakapo. Vermutlich hätten die Maori allein den Vogel nicht ausrotten können. Aber als im späten 19. Jahrhundert die Europäer kamen und auch die Tierwelt Neuseelands erkundeten, wurden sie auf den bizarren Nachtpapageien aufmerksam. Das Fleisch wurde zur Delikatesse erklärt. Die Kakapos auf der Nordinsel starben aus, auf der Südinsel zogen sie sich immer weiter zurück, an die Steilhänge des Fjordlands und nach Stewart Island – da wo kaum ein Mensch ihnen nachkommen konnte. Da wo die Menschen nicht hinkamen, wurden die eingeschleppten Tiere der weißen Siedler zum Fressfeind der Papageien. Ratten, Katzen, Hunde machten sich über die vorletzten dieser Art her.
Rettungsaktion für verbliebene Kakapos
Erst in den 1970ern hatte man den seltenen Papagei in der zerfurchten Bergwelt des neuseeländischen Fjordlandes wiederentdeckt. Sofort flog man die pummeligen Vögel auf entlegene Inseln vor der Südinsel. Ein 1982 erwirkter Rettungsplan sollte die bis dahin auf 22 Exemplare geschrumpfte Population vor dem Aussterben bewahren. Noch heute gilt das Ziel, mit menschlichem Eingreifen solange zu züchten bis 150 erwachsene Papageihennen zur Verfügung stehen, um den Artbestand zu garantieren. Es sind aktuell 125 Papageien!
Die Leistung des Kakapo Recovery Teams des DOC besteht nicht nur in der Aufzucht und Überwachung des beinahe ausgestorbenen strigops habroptila, sondern darin, ihm eine Überlebenschance geboten zu haben, indem man vor über 30 Jahren kleinere, unbewohnte Inseln von natürlichen Feinden wie Katzen, Hunden, Füchsen und Wieseln „säuberte“, um dem flugunfähigen Vogel ein ungestörtes Leben an Land und auf Bäumen (klettern kann er nämlich prima) zu ermöglichen.
Berühmter Buch-Papagei
Douglas Adams verdankt diese Vogel-Minderheit ihre mittlerweile recht große Bekanntheit. 1987 schrieb er in seinem Buch humoristisch und sehr treffend: „Als einem mit diesem Vogel konfrontierten Nicht-Zoologen drängte sich mir die Frage auf, ob sich die [von allen Zwängen, etwas Wettbewerbsfähiges zu produzieren, befreite] Natur diesen Vogel nicht einfach am Rande ausgedacht hat.“
Zu Adams Verteidigung muss man sagen, dass der Kakapo nicht nur mit einem fäkal assoziierenden Namen geschlagen ist, sondern auch auf anderen Gebieten seiner Existenz keine besonders gute Figur macht. Der Kakapo ist der größte und fetteste Papagei der Welt. Dazu ist er flugunfähig, verteidigt sich nicht gegen Feinde (denn sowas kennt er eigentlich gar nicht) und vermehrt sich auf solch komplizierte Weise, dass es ein Wunder ist, überhaupt noch Kakapos vorzufinden.
Das merkwürdige Paarungsverhalten anspruchsvoller Papageien
Schuld ist die Natur selbst, die es einrichtete, dass die Papageien-Weibchen nur dann in Wallung geraten, wenn die ebenfalls recht seltene Rimufrucht (eine Eibenart) reif ist. Da dies nicht jedes Jahr geschieht, kann auch der Vogel nicht jedes Jahr etwas geschehen lassen. Nur alle 3 bis 4 Jahre legt die Henne daher ein Ei. Selten sind es mehr als eins. Sollte das eine Ei in seinem Bodennest überleben, kann das Küken ein bis zu 60 Zentimeter großer und bis zu drei Kilogramm schwerer Papagei werden.
Wenn es sich dabei um einen Drei-Kilo-Hahn handeln sollte, wird er im zarten Alter von fünf Jahren das erste Mal all sein Gewicht in eine der bizarrsten Balzen des Tierreichs legen. Der Kakapo sitzt dabei in einer Erdkuhle und plustert – für Papageien einmalig – die Luftsäcke an seinen Brustseiten auf und presst dabei bassartige Töne in die Nacht, die laut Adams Beschreibung an ein riesiges klopfendes Herz erinnern. Diese schaurige Tonkulisse erschallt über mehrere Monate allnächtlich durch die Lüfte der neuseeländischen Inselwelt, woraufhin die Hennen auf die vermeintliche Geräuschquelle zumarschieren.
Allerdings scheint das Herzklopfen von überall herzuschallen, denn die tontechnisch gewieften Hähne hocken meist an einer Steilwand, von wo die „boom“-Wellen in alle Richtungen getragen werden. Dass dabei so manches Weibchen gar nicht erst am Nest ankommt, erklärt sich demnach logisch. Wenn sie dann auch noch unreife Rimufrüchte geboten bekommt, war alles Geschrei der Männchen umsonst. Eine Tragikomödie aus dem Tierreich, die einen Auftritt des Menschen scheinbar erfordert bis strigops habroptila diesen Anflug des Ausstrebens überlebt hat.
Wenn ihr Neuseeland seid, schaut beim DOC nach, ob Sirocco gerade auf Road-Show ist!
LG, Claudi
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