Reisetipp: Tikal – Guatemalas größte Mayastätte
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Reisetipp: Tikal – Guatemalas größte Mayastätte

Morgens um 10 in Tikal: Da fährt man erst einmal durch den Urwald. Und sieht schon wieder nur gelbe Hinweisschilder. Vor Jaguaren, Nasenbären und hässlichen Truthähnen wird gewarnt. Bevor ich die in echt gar nicht zu Gesicht bekomme, nehme ich die Fotosafari gleich hier auf. Was man hat, hat man. War es auf der Dschungelstraße nach Tikal noch vogelzwitscherlaut, bricht am Parkplatz die ohrenbetäubende Kakophonie des Urwalds los. Die Brüllaffen grunzen wie Schweine, die sich mit Hirschen paaren und die Zikaden sägen mit ihrem Surren den Wald nieder.

Warnung vor den Tieren in Tikal

Warnung vor den Tieren in Tikal

Die Vögel zwitschern nicht mehr lieblich vor sich hin, sie kreischen und keckern, fiepen und glucksen – der Beat ist unregelmäßig, die Melodie fast verstörend. Mehrere Tukane flattern auf als wir den Waldweg zum berühmten Tempelgebiet der Maya betreten. Guide Walter erklärt gerade die Bedeutsamkeit Tikals als eine der größten Mayastätten überhaupt, da taucht ein Nasenbär auf. Weg ist sie, die Konzentration auf die Geschichte und da ist er, der Heißhunger auf Safari!

Nasenbär in Tikal

Nasenbär (Coati) in Tikal

Mit offenen Augen durch den Regenwald von Tikal

Ab sofort bin ich in Alarmbereitschaft, lüfte das Basecap, trinke etwas Wasser, wische den Schweiß aus dem Gesicht und lege das Okular an. An einer Art Kaserne für Mayakrieger raschelt es im Geäst. „Äh ja, die Steine hier hinten sehen älter aus als die da vorne, sind fast komplett überwachsen…“ die Stimme verliert sich in einer dunklen Ecke, ich fokussiere auf die Brotnussbäume. Klammeraffen hangeln sich flink und geschmeidig durch die immergrünen Äste. Neugierig schauen sie nach unten. Beobachten die mich jetzt auch? Nein, die haben eine noch kürzere Aufmerksamkeitsspanne als ich und schwingen weiter.

Am nächsten Baum hat sich ein Nasenbär in ihr Futterrevier geschlichen und das bedeutet Ärger. Nun schaut auch Guide Walter gebannt zu wie die Affen Äste nach dem Nasenbären werfen. „Ich habe noch nie einen Nasenbär auf einem Baum gesehen!“ ist er erstaunt und wird fortan jedem anderen Guide auf dem Gelände von Tikal von seinem Safarierlebnis berichten.

Highnoon am Tikal-Tempel II

Wir treten auf eine Lichtung und sehen von Bäumen und Moos befreit: die erste Mayapyramide! Tempel I sagen die Archäologen und jetzt auch ich. Wir schleichen uns von hinten an. Vorne ist da, wo eine extra lange Treppe vor einer der durchgestuften Seiten verläuft, Tempel I dem Tempel II gegenübersteht und ein getrimmter grüner Platz die beiden verbindet. Die Sonne glüht, es dürfte Highnoon sein.

Treppengang zur Vorderseite Tempel II Tikal

Treppengang zur Vorderseite Tempel II Tikal

Ich steh zwischen den 40 Meter hohen Tempeln Tikals – welcher denn nun? Sind die beide gleich? Und wie kommt man da drauf?! Es dürstet mich nicht unbedingt nach Treppensteigen – ich bin extra aus dem 4. in den 2. Stock gezogen, um solche Anstrengungen zu vermeiden! – aber anders geht es nicht. Tempel II steht zur Verfügung. Immerhin, man klettert nicht auf den antiken, definitiv größer als Treppenstufen bezeichneten Felsquadern herum. Stattdessen schleichen wir schon wieder an die Hinterseite der schlanken Pyramide und nehmen die eigens für Besucher gebaute Holztreppe.

Hoch hinaus auf den Maya-Tempeln Tikals

Mit hochrotem Kopf versuche ich auf der Plattform angekommen Sauerstoff aus der feuchten Luft zu saugen. Ist es hier oben heller geworden? Die Sonne hat die anfänglichen Wolken weggebrannt, sie ist so hell, dass der Himmel nicht mehr als pastellblau werden kann. Der Schweiß tropft in die Augen, nochmal die Kappe lüften, Wasser trinken. Ich schau auf die Bäume, die mir ihre Äste entgegenstrecken, Tillandsien und Bromelien haben sich an ihnen festgekrallt. Sie wuchsen erst, nachdem die Mayas aus Tikal weggingen. Auf dieser Plattform standen die Mayakönige, vermutlich auch recht oft in der gleißenden Sonne, begleitet von ihren Frauen, Astrologinnen und Astronomen und dem Priester, dessen Gebaren ich nur aus Filmen und wissenschaftlichen Abhandlungen kenne.

Tikal Tempel II

Blick von Tempel II auf Tempel I – inkl. Tomatengesicht

Blutige Geschichte Tikals

Menschenopfer. Blutig und brutal. Herz aus dem noch lebenden Körper geschnitten, Leiche die Stufen hinuntergeworfen… Dabei wirkt es so friedlich hier oben und der Ballspielplatz unten wie der Mon Bijou Park oder eine gepflegte Sommerwiese. Das ist allerdings der Ort, an dem die Opfer gewählt worden. Wer im Ballspiel gewann, qualifizierte sich für die Opfergabe. Manchmal traf es auch den Verlierer.

Tikal Ballspielplatz Tempel I und II

Ballspielplatz zwischen Tempel I und II

Sonne, Regen und Ernte sollten mit dem Rauch verbrannten Blutes besänftigt und in Gunst gestellt werden. Ob es immer geholfen hat? Was weiß man eigentlich sonst über die Mayas? Ich opfere keinen weiteren Gedanken mehr und mach mich auf den Weg nach unten. Noch vier weitere große Tempel wollen in Tikal entdeckt werden. „Tempel III ist noch nicht einmal ganz ausgegraben, der ganze untere Teil ist von Moos und Pflanzen überwuchert.“ erklärt Walter als wir direkt davor stehen und den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Die Spitze, ja die ragt noch raus. Wo sind eigentlich die Glyphen? Nur wenige Stelen kreuzen wir auf dem Weg, ein paar Altäre, vieles im Museum, vieles im Gelände verteilt.

Spitzenblick über Tikals Nationalpark

Als wir weiterziehen wollen, bemerken wir eine ganze Nasenbärenbande, die von anderen Guides gefüttert werden und durchs tote Laub am Boden schnüffeln. Keine Scheu also und nach den Steinen wieder etwas lebendiges! Walter zieht uns weiter. Durch einen grünen Rahmen aus Ästen und Kletterpflanzen sehe ich in der Ferne eine weitere Tempelspitze. Menschen sitzen auf ihren oberen Stufen. Das durften wir auf Tempel II nicht!

Spitzenblick über Tikal

Spitzenblick über Tikals Pyramiden und den Regenwald

Keine Aussicht mit Sitz ohne Treppensteigen. Wieder japse ich dem Ausblick entgegen. Oben dann: Spitzen. Baumspitzen, Tempelspitzen, ich stell mich auf die Zehenspitzen, um den Horizont auszumachen. Auf der obersten Stufe von Tikal-Tempel IV ist Schatten. Und ein laues Lüftchen trocknet auf fast 70 Metern Höhe ein bisschen den Schweiß. Die Sonne flirrt. Erbarmungslos. Die Wasserflasche ist leer. Wie es wohl nachts hier aussieht, mit dem Sternenhimmel darüber und so?

Warum ist Tikal untergegangen?

Ich frage Walter neben mir die entscheidende Frage: Warum ist diese große Stadt verlassen worden, warum ist das Königreich Tikal im 9. Jahrhundert untergegangen? „Vermutlich gab es eine Dürre im 9. Jahrhundert und der immer größere Verbrauch von Holz führte zu Wasserknappheit. Aber auch Krieg mit anderen Stämmen spielte da mit rein.“ erläutert er.

“20 Zentimeter unter dem Waldboden ist nur Kalkstein. Wasser kann hier nicht gespeichert werden, wenn es keine Bäume gibt. Die Mayas brauchten immer mehr Land für Mais und Holz fürs Ziegelbrennen, weil die Bevölkerung wuchs. Sie mussten zwangsläufig wegziehen. Heute schützen wir unsere Urwälder, weil sie das Wasser speichern. Wir haben aus der Geschichte Tikals gelernt.“ sagt er stolz.

Fix und alle auf Tempel IV in Tikal

Fix und alle auf Tempel IV in Tikal

Über Baumwurzeln und Steine hangeln wir uns bis zum ganz im grünen Dickicht versteckten Tempel V von Tikal. Orangene Schmetterlinge lenken die Aufmerksamkeit auf sich, und nach beinahe vier Stunden freue ich mich langsam, diesem Labyrinth der Tausenden Tempel, Häuser, Pyramiden, Altäre und Stelen zu entkommen. Zu viel zu sehen, zu viel noch nicht mal ausgegraben. Mehr Zeit, mehr Wasser, mehr Kraft, mehr Insektenspray… Klammeraffen begleiten uns bis zum Ausgang durchs Blattwerk und quietschen zum Abschied.

Weitere Reise-Infos

Ausflüge nach Tikal sind nicht billig. Sie sind u.a. ab Guatemala City als Tagesausflug buchbar, kosten um die 200,- Euro (inkl. Flug nach Flores). Wer sich stundenlange Fahrten im Bus antun möchte und kann, kann auch günstiger reisen – per Bus. Wer schon in Flores ist, kann mit Minibussen zum Park fahren (75 km, ca. 10 Euro one way). Vor dem Parkeingang gibt ein paar Hotels – teuer, aber basic. Im Parkgelände selbst gibt es einen Campingplatz (5 Euro) – wer den Sonnenauf- oder -untergang an den Ruinen erleben möchte, kann dies nur von hier aus tun!
Parkeintritt: 14 Euro
www.tikalpark.com
Wikipedia zu Tikal
Außerdem: lange leichte Kleidung, feste Schuhe, Sonnenschutz, Mückenschutz, Trinkwasser.

Diese Recherchereise wird unterstützt von Visit Centroamérica. Vielen Dank dafür!

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