Wadi Mujib: Wie mich Osama aus der Stromschnelle rettete
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Wadi Mujib: Wie mich Osama aus der Stromschnelle rettete


Mosaik-Fliese aus Madaba

Mosaik-Fliese aus Madaba

Salam und guten Morgen! Die Karawane zieht weiter, zunächst nach Westen. Wir legen einen Zwischenstopp in Madaba ein, wo die Kirchtürme höher sind als die Minarette der Moscheen. Madaba ist bekannt für seine Mosaike, das haben sie mal von den Römern gelernt, Motive sind hauptsächlich christlichen Ursprungs. Und wie die Römer tafeln wir reich im Schatten von Weinranken und Feigenbäumen und würden gern länger bleiben. Doch gut gestärkt fahren wir durch die fruchtbare Ebene Jordaniens, in der Oliven und Gemüse angebaut werden, gen Süden.

Auf halbem Weg geht es in Serpentinen abwärts, auch mit der Landschaft – nicht mehr grün, sondern steinig und karg sieht es aus. Wir sind 400 Meter unter Normal Null, das Tote Meer leuchtet blau am Autofenster auf.

Wadi Mujib für die Nachmittagsaction

Wir lassen das Tote Meer erst einmal rechts liegen und watscheln stattdessen in einem biblischen Flussbett (Arnon) mit wechselndem Wasserstand. „Canyoning ist das nicht“, meint Osama, „da müsste man sich ja noch abseilen.“ Wir müssen ja nur den Kopf über Wasser halten und über ein paar größere Steine klettern. Eigentlich floss der Arnon mal ins Tote Meer – heute wird es jedoch vor der Mündung aufgestaut für die Trinkwassergewinnung des Landes. Das stete Wasserproblem eines Wüstenstaates.

Uns geht es gut, wir haben ausreichend Wasser um uns auf diesem Nassgang durch den Canyon. Osama führt unseren Trupp an, während wir ihm unsicher nachtasten, immer auf der Hut nach Untiefen und größeren Steine, die sich zumeist unter der Wasseroberfläche verstecken. Das Wasser ist flach, dennoch versinke ich an der tiefsten Stelle bis zum Hals. Vornehmlich waten wir im knietiefen, warmen Flusswasser voran.

Wadi Mujib im Süden Jordaniens

Wadi Mujib im Süden Jordaniens

Stromschnellen im Mujib – rette mich, wer kann!

Man stolpert so voran, blickt kaum nach vorn. Denn da sind diese schwungvoll ausgewaschenen Felswände zur Rechten und Linken, die es zu beachten gilt. Helle und dunkle Gesteinsschichten fließen ineinander wie Kaffee und Milch. Gelbes, braunes, rotes, weißes und violettes Gestein liegen übereinander geschichtet wie ein aufgeschnittener Baumkuchen. Das sei alles nichts im Vergleich zu Jordaniens größtem touristischen Leckerbissen, der Felsenstadt Petra, sagt Osama voraus.

Trotzdem gehen meine Blicke nach oben, obwohl ich mich lieber auf die Stromschnellen unten konzentrieren sollte. Wie Lachse springen und klettern wir der Strömung im Flusslauf entgegen. An Seile geklammert stemmen wir uns gegen die Wand und ziehen uns durch strömende Wassermassen. Schilder warnen vor Strömungen und Strudeln, die an den Wasserfällen auftreten. Vermutlich ist mir das Adrenalin der Kletterei ins Hirn gestiegen, aber ich meine unbedingt ein Foto von mir in der Stromschnelle haben zu müssen. Die Kollegin hat eine UW-Kamera dabei, die eigenen habe ich natürlich nicht mitgenommen.

Reiseskizze Wadi Mujib

Reiseskizze Wadi Mujib

Das muss jetzt analog schnell gehen! Und weg bin ich, unter der Kette mit dem Schild abgetrieben, auf die Steinkante des Wasserfalls zu. Die Strömung sah so harmlos aus! Fünf dicke rote Fingerabdrücke zieren meinen Oberarm für den Rest der Reise. Osama hat mich gerettet – und ist stinksauer. Ich sollte also nicht sagen, dass die Action echt Spaß gemacht hat ;) Aus dem analogen Bild wurde leider nichts. Das Ziel der einstündigen Wassertreterei war eine 15 Meter hohe Kaskade, für deren Anblick man aber auch ordentlich strampeln musste.

Der Schrei im Toten Meer

Auf Wunden soll man ja Jod geben… ich bin also einfach ins Tote Meer gegenüber getappt: 29% Salz-(also auch Jod-)gehalt sollten ausreichen. Jetzt weiß ich, warum sich Leute immer so bescheißen, wenn es um Jod geht. Das brennt wie Feuer! Und da ich die Schuhe am Bungalow stehen lassen habe, muss ich auch noch barfuß über Steine und Salzkrusten humpeln. Es ist das reinste Schauspiel für alle anderen, eine Tortur für mich. Erst hinterher kann ich die funkelnden Kristalle der Salzkrusten würdigen. Aber das wichtigste ist doch das Zeitungsbild im Meer. Ich habe keine Zeitung dabei (schlechter Journalist) und löse daher Sudokus oberhalb der Wasserfläche. Und ja: Es funktioniert! Wenn man ruhig liegen bleibt, trägt das Wasser. Selbst mich! :D

Bad im Toten Meer, Jordanien

Bad im Toten Meer, Jordanien

Wenn man ruhig liegen bleibt oder auch nur am Ufer steht, sieht man auch, dass das Wasser spiegelglatt ist und die salzverkrusteten Steine in den gleichen Farben schillern wie die Marmorierungen des Wadi Mujib. Ein öliger Film scheint auf dem Wasser zu liegen. Bloß nichts davon in den Mund bekommen. Im Reiseführer stand eine Schauergeschichte über kollabierte Kinder, die vom Wasser des Toten Meeres tranken.

Steine und Krusten im Toten Meer

Steine und Krusten im Toten Meer

Sonnenuntergang am Toten Meer

Sonnenuntergang am Toten Meer

Mein Versuch, diesen Salzfilm wieder abzuduschen, scheiterte am Heißwasser. Die Wasserleitung zu den Duschen verläuft nämlich oberirdisch und wird von der Sonne fein aufgeheizt. Bevor ich das Salz abbrühe, kruste ich lieber einen Tag vor mich hin. Es ist so heiß an diesem stillen Meer, dass das Salz eh von mir rieselt und sämtliche durchnässten Schuhe und Hosen vom Nicht-Canyoning noch vor dem Abendessen wieder trocken sind.

Wir sind in nagelneuen Chalets der Nationalparkverwaltung untergebracht – spartanisch, aber mit Meerblick. Vor jedem Betonhäuschen baumelt eine Hängematte, aus so einer schaute ich am Abend schaukelnd nach Israel. Die Lichter am Horizont sollen die von Jerusalem und Jericho sein. Eines Tages sitze ich mal auf der anderen Seite, beschließe ich.

Ma’a salama
claudi

Ich reiste auf Einladung des Jordan Tourism Board. Herzlichen Dank dafür!

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