Wie ich mich in Oslos Museen auf den kühlen Norden vorbereitete
Oh nein, die Trikk ist fasch abgebogen! Aber die 11 führt doch zu meinem Hotel und fuhr definitiv von der Sentralstasjon gen Norden, oder war es die 17? Es hilft nichts. Ich fahre wieder zurück zum Zentralbahnhof. Auf der Karte auf dem Handy verfolge ich die Nr. 17 bis zu ihrem Ende. Aha, Richtung Rikshospitalet also. Gut, dann jetzt die richtige Straßenbahn in die richtige Richtung – Orientierung fällt mir übrigens auch in Berlin schwer.
Aber schön ist es, aus der Osloer Straßenbahn Trikk die festlich beleuchtete Stadt anzugucken. Weihnachten weht noch nach und die Sonne kommt im Winter nur minimal über den Horizont. Ab 16 Uhr ist Nacht und die Stadt hängt voller Lämpchen und Sternchen.
Nobel Peace Center
Weil es in der Dunkelheit auch noch regnete, ging ich ins Peace Center. Ich war ja schon in Oslo, aber in dem Nobelpreis-Haus am Eingang zur Aker Brygge war ich nie drin. Im Erdgeschoss findet leider gerade eine geschlossene Gesellschaft zwischen den Infoständen zu den aktuellen Preisträgern Malala Yousafzai und Kailash Satyarthi statt. Aber im Obergeschoss darf man wandeln.
Sämtliche bisherige Friedensnobelpreisträger haben hier ein tabletartiges Display, auf einem Ständer gesetzt und an seine Mitpreisträger gereiht. Dazwischen erhellen Leuchtdioden den dunklen Raum. Eine sehr inspirierende Installation, wie ich finde! Auf den Displays wird abwechselnd eine Info und das Foto des Preisträgers angezeigt. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass die EU 2012 einen Friedensnobelpreis erhalten hat!
Den Preisträgern der letzten 10 Jahre ist eine zusätzliche Ausstellung gewidmet. Außerdem gibt es eine interaktive Lesewand, in der man die Biografie und das Vermächtnis eines jeden Preisträgers erscrollen kann. Martin Luther King hat man als Beispiel ausgewählt, um in einer gesonderten Ausstellung den Wahlprozess eines Nobelpreisträgers zu demonstrieren. Und natürlich gibt es Videos von Luther Kings Ansprachen und Interview-Ausschnitte. Alles sehr schön aufbereitet in einem 60er-Jahre-Wohnzimmer-Ambiente, denn Luther King erhielt den Preis 1964.
Mit dem 30er Bus, so hatte man mir beim Turist Office gesagt, kam ich vom Peace Center zurück zum Zentralbahnhof und stieg also in die falsche Trikk. Morgen wird das besser laufen!
Ein Museum um ein Polarschiff
Am nächsten Tag mache mich ein weiteres Mal zum Hauptumsteigeplatz am Bahnhof auf. Es ist wieder der 30er Bus, der mich um die halbe Bucht auf die Halbinsel Bygdøy bringt. Hier haben die Entdeckermuseen Oslos ihren Platz bekommen. Im Sommer sind sie leichter erreichbar, per Schiff vom Rathausplatz aus. Ich bestaunte hier vor 8 Jahren ein riesiges Wikingerschiff, die Gjøa (das Schiff, das die Nordwestpassage geschafft hatte) und den Moai vor dem Kon Tiki-Museum. Heute will ich in mindestens eins der Museen rein! Kein Problem mit dem Visit Oslo Pass und schon erhebt sich vor mir der Kiel des Polarschiffs Fram über mehrere Stockwerke.
Dieses Schiff war auf diversen Expiditionen ins ewige Eis unterwegs. Mit Fridtjof Nansen war die Fram in der Arktis, mit Roald Amundsen in der Antarktis. Letzteren brachte sie so auf Kurs zum Südpol-Wettlauf. Die Geschichte der Polarexpeditionen erfährt man aus den Schautafelnn, Fotos und Exponaten die auf 2 Stockwerken rund um das Schiff installiert sind. Da gibt es alles zu sehen, was man auf eine Pol-Expedition benötigte und um 1900 auch benutzt hatte. Ich habe außerdem die ersten Eisbären gesichtet…
Wettlauf zum Südpol
Da ich auch noch in den kalten Norden reisen will, schau ich mal, ob ich im Sinne von Amundsen ausgerüstet bin. Also: ein Ganzkörper-Pelzanzug – habe ich nicht dabei, Skihose und Wärmepads für Hände und Füße müssen reichen. Fernrohr – ich betrachte mein Teleobjektiv als solches. Gewehre – ich betrachte die Kamera als solches. 97 Hunde und diverse Schlitten – äh, nein, hab ich nicht dabei, vielleicht stellt man mir so etwas? Skier – nein, ich kann damit ja auch nicht umgehen! Reichlich Frischwasser, Robben- und Pinguinfleisch – ich hatte einen Rentierburger gestern Abend… Zwischendepots auf dem Weg zum Pol – meine Depots sind die Hotels in Oslo, Hammerfest und schließlich Karasjok, das muss reichen.
Ich lese, dass Amundsen einen wesentlich moderner, mit Motorschlitten und Pferden ausgestatteten Scott mittels Schlittenhunden und Vorbereitungen nach Iniut-Art bei der Südpoleroberung schlug. Mal gucken, wie meine arktische Reise da oben im norwegischen Lappland in den kommenden Tagen abläuft.
Nordlichter im Fram Museum
Ich hoffe auf Nordlichter – klar, tu ich immer ;) Das Fram Museum versüßt mir das Warten auf eine eigene Polarlicht-Sichtung. Alle 20 Minuten flackert eine Videoprojektion über die Museumsdecke. Ich bleibe extra länger als geplant und setze mich gespannt aufs Deck der Fram unter die Takelage. In diesem Licht müssen auch die ersten Polarentdecker völlig fasziniert zum Himmel geguckt haben. Keine drei Minuten nur dauert das hiesige Spektakel. Ich hoffe, die echten Lichter sind ausdauernder. Dann knarzt aus den Lautsprechern wieder das Geräusch von kriechendem Eis und eisigen Winden. Ein bisschen frisch ist es hier durchaus, aber kalt noch lange nicht. Kalt teste ich in der Ice Bar!
Nordlicht im Fram Museum als Video:
Kühle Einsamkeit in Oslos Ice Bar
Ja, die Ice Bar – sie scheint eine ähnlich inflationäre Erscheinung zu sein wie die Eishotels (in denen ich leider immer noch nicht war!). Überall, wo es halbwegs kalt ist, wird so ein Kühlhaus errichtet und mit tollen Eisskulpturen ausgestattet. Nicht, dass ich was gegen Skulpturen habe. Aber wenn jetzt schon in Amsterdam eine Ice Bar eröffnet hat… in Stockholm oder Oslo finde ich sie ja noch halbwegs passend. In der Kristian IVs Gate ist an diesem frühen Mittwochabend wenig los in der Magic Ice Bar. Der Eintritt kostet stolze 20 Euro, ein Gläschen Weißwein-Beerensaft-Gemix aus einem Eisglas inklusive. Da ich es nicht mehr ins Munchmuseum schaffe, mache ich hier einige Entdeckungen, denn das Motto der Eisgravuren und –figuren präsentiert den berühmten Maler und seine Werke.
Das gesamte Interieur ist aus Eis gebaut und geformt. „Der Schrei“ wurde in eine der Eiswände gekratzt, Munchs Selbstbildnis in eine andere. Ich bin allein mit einem vereisten Mann an einem Tisch und nippe an meinem Wein. Über meine persönliche Polarausrüstung haben sie mir noch einen Poncho geworfen – es ist alles etwas unhandlich dadurch, aber nicht kalt. Auf dem Boden liegt weder Eis noch Schnee, dabei wollte ich doch die Heizsohlen testen!
Man kann es hier wirklich gut aushalten. Nur mit wem? Der Eismann jedenfalls will nicht kuscheln und der Drink ist schnell geleert. Die Musik ist mir zu elektrodiskomäßig – wann macht denn das erste Heavy Metal Ice House auf?! Ich kann in Ruhe den Raum erkunden und mich nach 20 Minuten dann wieder per Knopfdruck durch die Kälteschleuse entfernen. Wenn das also -5 Grad waren, sollte es mir in Hammerfest, der nächsten Reisestation, ganz gut gehen. Zumindest für die ersten 20 Minuten! :D
Ich mach mich dann mal auf den Weg zum Hotel… ohne Trikk!
Meine Recherche wurde unterstützt von Visit Oslo und Visit Norway. Vielen Dank dafür!
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