Reisetipp: Hongi & Hangi mit Nativ ConnectioNZ
William vom Unterstamm der Ngati hokopu vom Stamm der Ngati awa chauffiert uns per Großraumtaxi in sein Haus. Beziehungsweise in die Einfahrt seines Hauses. Dort holt er Cousin Les und eine Pukaea und stellt sich am Ende der Einfahrt auf. Mit Muschelblasen und Kriegstrompetentröten wird die Zeremonie eingeläutet. Es folgt ein Schwall an Maori-Worten, abgehakte Sprache, der Tonfall klingt nicht schmeichelhaft. Wir stehen wie angewurzelt am anderen Ende der Einfahrt. Was tun? Als Schweigen eintritt, winkt uns das Familienoberhaupt heran.
Mit Handschlag und Nasenkuscheln (hongi) wird die Begrüßung (whakatau) besiegelt. Hinterher lassen wir uns erklären, es waren freundliche Worte und eine freundliche Warnung an den Gast. Wer sich jetzt nicht als Freund der Familie zeigt, kann wieder gehen. Ansonsten aber ein Willkommen. Es ist die weniger förmliche Einladung (pokiki) bzw. Begrüßung von Gästen in einheimische Häuser.
Hangi – Essen aus dem Erdofen
Und dann dürfen wir im Garten der Familie gleich mal mit anpacken. Dort hat ein Schweißbrenner bereits das Erdloch und die Steine darin aufgeheizt – moderne Maoris machen das so. Angeblich ist es auch weniger umweltschädlich, „so ein richtiges Feuer würde immerhin 3 Stunden lang brennen und viel zu viel CO2 produzieren.“ erklärt William. Es wird Fleisch gestapelt, Gemüse und Kartoffeln in Netze gepackt, zu Erde gelassen und abgedeckt. Der Gast darf zusammen mit den Gastgebern die Erde um den Erdofen herum anhäufen. Wir bereiten ein Hangi zu – das traditionelle Großfestessen der Maori. Der Anlass: unser Besuch.
Legendärer Spaziergang
Während im Erdofen auf den heißen Steinen nun das Slowfood vor sich hingart, machen wir einen kleinen Spaziergang mit den Gastgebern durch ihren Stadtteil von Whakatane, entlang des Awa Korero River. Die Legenden der Ahnen werden uns berichtet anhand der Felsen, Höhlen und Sandbänke. Letztere ist der Friedhof der Ahnen, den niemand außer den Bestattern betreten durfte und auch diese mussten die Quasi-Friedhofsinsel nackt betreten.
Vom Haus, das auf Roadshow ging
Neuseeland-Karte als Poster >>Wir besehen das Marae Mataatua, das 136 Jahre in der Welt unterwegs war und erst vor kurzem „zurückkehrte“. „Es hat jetzt ein anderes Mana“, sagt William und will erklären, sein Stamm hat das Versammlungshaus 1876 erbaut und der Queen geschenkt, nachdem der Stamm größtenteils enteignet worden war. Queen Victoria ließ es auf eine Art Roadshow gehen und an allen möglichen Orten der Welt tankte das stattliche Haus Energie. Nun steht es wieder in Neuseeland, aber es vereint nicht mehr nur den größeren Familiengeist und -sinn von Williams Stamm. Es ist als Museumsbeigabe hin und wieder auch im Inneren zu besichtigen, heute wollte die Dame vom Museum nebenan jedoch die Presse unangemeldet nicht hineinlassen.
Whakatane – eine Frau sprach’s
Das tatsächliche Marae seines Stammes sehen wir nur von weitem, wir dürfen als nicht geladene Gäste nicht einmal aufs Gelände ohne große pokiki-Zeremonie. Auch das große Kriegskanu Mataatua des Toi wird uns „hinter Gittern“ vorgestellt – also das Boot, nicht wir. Toi und sein Landungstrupp waren eigentlich Rückkehrer, die Aoretea schon mal gesehen hatten, und dann aber aus Hawaiiki mehr Siedler heranschafften. Unter diesen, so will es die Legende, waren einige Frauen. Im Prinzip war und ist denen das Steuern bzw. Paddeln eines Kanus untersagt. Doch als man beim Anlanden an die hiesige Bucht mit bereits siedelnden Stämmen in Konflikt geriet und das Kanu mannlos abzudriften drohte, ergriff eine verzweifelte Frau zuerst das Wort und dann das Paddel.
„Whakatane“ heißt soviel wie „gib mir die Kraft eines Mannes“ – sprach’s und riss das Ruder buchstäblich an sich. Das Boot war gerettet, die Frau eine Heldin, der Gesetzesbruch zum Mythos gereicht. Auf dem Felsen im Fluss, an dem wir in der prallen Sonne entlangspazieren, steht sie in Eisen gegossen, die Frau, die Whakatane rief, die Hände zum Himmel, die Möwen auf dem Kopf. Von diesem Felsen aus springen übrigens auch die Seelen der Toten in den Ozean um via Whale Island nach Hawaiiki zurückzuschwimmen. Man erkennt das Muster oder? Felsen/Klippen als Tor zur Unterwelt, Zwischenstopp auf einer Miniinsel davor und dann raus zum noch immer nicht ganz bekannten Hawaiiki.
Die Maori glauben übrigens nicht an eine Wiedergeburt, aber an ein spirituelles Leben. Das heißt, wer stirbt, geht in den Zustand eines Geistes über und ist immer noch da. Meist wohnen die Geister dann in Hawaiiki. Manche bleiben aber auch und wohnen in Höhlen etc. und bewachen wichtige/ heilige Orte. So eine Geisterhöhle suchen wir ebenfalls kurz auf. Les spielt die Flöte, William spricht drinnen zu den Geistern, man möge uns wohlgesonnen sein – kennen wir ja schon von Tanemahuta-Besuch.
Ein Festessen für Maorigesellschaften
Kurz darauf laufen wir mit hochroten Köpfen (Sonne strahlte 2 Stunden lang über uns) wieder im Garten der beiden Cousins ein. Das Hangi ist fertig gegart. Es wird ausgebuddelt, heraufgeholt und auf ein großes Blech entleert, hübsch drapiert und angerichtet. Die Dame des Hauses bringt noch ein paar Crumbles und Mscheln hatte man auch noch in einem Topf nebenan gekocht. Es darf getafelt werden. Die Katze des Hauses hat das als allererste kapiert, schon als sich der Flkeischkorb aus dem Loch erhob. Beim Schmaus an der langen Holztafel im Kumara-Garten plaudern wir über Williams Geschäftsidee hier. „Wie wäre das wohl, wenn wir den Rundgang per Segway machen?“ sinniert er. „Ablenkend“ gebe ich zu bedenken. Aber mancher würde sich auch die Landschaft per Segwayfahrt genießen und weniger den Geschichten zuhören wollen. Zielgruppen gibt es ja immer. Vorerst bleibt William aber beim Spazieren und Essen. Wir mögen das auch, vor allem das saftige Slowfood-Fleisch mit den butterweichen Süßkartoffeln und Kürbis.
Vom Drachenschläger Neuseelands
Nach dem reichlichen Mahl könnten wir uns in die Sonne hauen und nichts tun, aber William hat immer noch Programm! Wir fahren zu den Hügel (der, über den wir zu Miria und Taroi gefahren sind), von dem bereits die ersten Maori das Kriegskanu bei seiner zweiten Ankunft erspähten. Eine Statue von Kupe steht hier. Wir schauen auf die Vulkane zur Linken und Rechten und den Whakatane-Fluss dazwischen. William erzählt die Legende vom Drachen Tarakura, der in dieser Niederung da unten vom größten Stammeshäuptling des Ngati awa-Stammes gemetzelt und zerlegt wurde. Häuptling Iratumoana war quasi der Siegfried Neuseelands, er aß Augen und Herz des Drachen und wurde zum Super-Häuptling.
Fazit dieses Ausflugs
Wer mehr davon hören möchte, sollte bei William eine Nativ ConnentioNZ buchen. Für mich war dies die eindeutig authentischere Wahl gegenüber der Tanz- und Erzählshow in Rotorua, der bereits der Beiwert „kommerziell“ anhaftet. Diese Maori hier hüpfen nicht mit Bemalung und Lederlaibchen durchs Gelände. Sie tragen Polohemden, fette Sonnenbrillen und erzählen stolz von ihrem neuesten Gebrauchtwagen. Echtes Leben von heutigen Maori – für mich mehr wert als Prospekt-Einheimische mit fotofreundlichen Gesichtstattoo und herausgestreckter Zunge. Kostenpunkt: ab 125 NZD für den Halbtagestrip.
Vielen Dank an Nativ ConnectioNZ für die Einladung zu diesem Ausflug!
Many thanks to Nativ ConnectioNZ for inviting me on this trip!